Auch bei den Frauenreisen locken mittlerweile zahlreiche Angebote. BETTINA ENZENHOFER und SYLVIA KÖCHL über Urlaubserlebnisse unter Frauen: zu Wasser und in der Wüste.
Wohin bloß auf Urlaub? Und mit wem? Ich wollte zwar alleine verreisen, aber vor Ort nicht einsam sein. Eine Freundin hatte von Frauen-/ Lesbenreisen geschwärmt, eine andere von gemischten Surf-Camps. Google hat zig Women-only-Surf-Camps ausgespuckt. Eine Woche lang in Portugal mit anderen (alleinreisenden?) Frauen eine neue Sportart lernen – warum eigentlich nicht? Bei einer Gruppe von acht sollten außerdem bestimmt zwei, drei lesbische Frauen dabei sein. Und außerdem: Women only – hallo? Das muss doch Feministinnen anziehen!
Dachte ich.
Erste Versuche beim Surfen in einer Frauengruppe fühlen sich ziemlich gut an. Es ist nicht selbstverständlich, sich andauernd motivierende Worte zuzurufen, wenn die Welle wieder mal stärker war – oder sich gemeinsam zu freuen, wenn eine mal nicht unter, sondern ganz elegant auf dem Brett zum Strand rutscht. Plus: dabei nicht wie in einer gemischten Gruppe irgendwelchen Typen gefallen zu wollen, sondern unter sich zu sein. Es gab viele intime Gespräche und eine bemerkenswerte Vertrautheit unter den Alleinreisenden.
Davon abgesehen war ich aber wirklich überrascht, wo ich gelandet war. Seit 33 Jahren hatte ich als Frau gelebt und kenne natürlich Schönheitsnormen, aber die in der Gruppe vorherrschenden Vorstellungen vom Frau-Sein waren mir doch neu: Die Achsel zuletzt vor einem Tag rasiert? Ein No-Go. Blaue Flecken auf den Beinen? Unweiblich! Typen waren Dauerthema, boyfriend hier, boyfriend da, hast du den Six-Pack von dem Surfer dort drüben gesehen? Nicht mal als (Hetero-)Teenager habe ich in dieser Intensität über Männer gesprochen.
Mit meinem „Gender Failure“-Buch in der Hand war ich oft unsicher, wie ich auf die anderen wirke, und erst Mitte der Woche habe ich mich getraut, von meiner Freundin zu erzählen. Für mein wallendes Achselhaar habe ich mich aber nicht entschuldigt.
Heuer gehe ich kein Risiko ein: Skala Eressos auf Lesbos wartet!
Bettina Enzenhofer muss gestehen, dass sie zig lesbisch_feministische Klischees erfüllt. Bei Weiblichkeitsnormen möchte sie aber lieber nicht mitmachen.
Auf der Flucht vor dem beginnenden Wiener Winter mit meiner besten Freundin nach Lanzarote zu fliegen, einer kanarischen Vulkaninsel im wilden Atlantik, und noch dazu in einem Frauen/Lesben-Urlaubshaus zu wohnen, war eine Spitzenidee.
In der Casa M. mieteten wir uns ein: betrieben von einem deutschen Lesbenpaar, klasse ausgestattet, moderat im Preis und auf der Homepage wunderschön anzusehen. Das war es dann auch, das Haus – wunderschön. Das Kaff, in dem es steht, schon weniger. Und die Entfernung zum Meer hatte auf der Karte deutlich kürzer ausgesehen als der tatsächliche Fußmarsch von einer Stunde durch eine Art Wüste. Tipp: Wohlhabende Frauen nehmen sich dort von Anfang an ein Leihauto. Dass wir zu spät eines nahmen, war allerdings nicht unser größter Fehler: An einem der letzten Tage gingen wir mit den Betreiberinnen der Casa M. auf einen Kaffee und erfuhren Details, die wir lieber nicht gewusst hätten. Die eine hatte anfangs auf Lanzarote noch Töpferarbeiten hergestellt und verkauft. Und die Töpfe, die sie fertigte, seien nie zu Bruch gegangen. Weil sie Regelblut in den Ton geknetet hat! Und nachdem sie selbst „aufgehört hatte zu bluten“, bekam sie per Post volle Binden und Tampons von Freund_innen zugeschickt. Wir sahen wohl ziemlich skeptisch drein, denn nun wurde uns erklärt, es sei ja schließlich auch kein Märchen, dass „blutende Frauen“ nicht in Weinkeller gehen dürfen, weil nämlich sonst der Wein sauer wird. „Die Macht der Frauen“ eben. Flankiert wurde das alles von rassistischen Bemerkungen über die unfähigen spanischen Handwerker und die korrupte spanische Politik plus darüber, dass die beiden aus „dem patriarchalen System“ schon so gut wie ausgestiegen seien, nur ein Bankkonto hätten sie noch, weil – bedeutsames Augenrollen – ohne Konto könne frau im Patriarchat kein Geschäft betreiben.
Zusammengefasst: Sportlichen und/oder wohlhabenden Frauen, die von den geheimnisvollen Mächten zwischen ihren Beinen genauso überzeugt sind wie die beiden Gastgeberinnen, sei die Casa M. wärmstens empfohlen.
Sylvia Köchl ist, auch wenn das jetzt so klingt, sonst keine „Urlaubszicke“, und Lanzarote an sich ist spektakulär!