arbeitsfragen in allen lebenslagen
Jetzt, wo ich schwanger bin und mein Chef sich damit abgefunden hat, will ich ihm nicht zu sehr zur Last fallen und ihm möglichst keine Unannehmlichkeiten bereiten. Irgendwie fühle ich mich doch auch schuldig. Ein schlechtes Gewissen, weil ich schwanger bin?! So weit ist es schon gekommen.
Immer noch fahre ich jeden Tag in die Werkstatt, wusele im Staub rum, säge Kanthölzer, stehe an lärmenden Maschinen und schleife Eichenholz. Das Problem ist: Eigentlich darf ich das nicht! So sagt es zumindest das Mutterschutzgesetz. Also versuche ich meinen Chef langsam aber sicher und mit viel Gefühl zu einem Beschäftigungsverbot zu bringen. So sagt es das Gesetz. Mein Arbeitsplatz kann nicht umgestaltet werden und ich somit nicht vor den Gefahren geschützt werden. Wenn man es genau nimmt, dann hätte ich ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Schwangerschaft zu Hause bleiben müssen. Aber des guten Betriebsklimas willen mache ich das nicht. Ich bin, neben einem Auszubildenden, die einzige Angestellte in unserem Betrieb. Mein Chef kennt sich mit dem ganzen rechtlichen Kram rund um Schwangerschaft und Mutterschutz nicht aus und zeigt auch keinen Willen, dies zu ändern.
Bevor ich also ab dem fünften Monat wirklich ins Beschäftigungsverbot gehe, arbeite ich noch etwa zwanzig Stunden die Woche auf Montagen mit. Immer noch in lauter und staubiger Umgebung, immer noch auf dem Boden hockend oder auf Leitern stehend.
Ich bin sehr ausgeglichen und strebe nach zwischenmenschlicher Harmonie. Wenn man es genau nimmt, dann ziehe ich hier die Beziehung zu meinem Chef meiner Gesundheit und der des ungeborenen Kindes vor. Ist das in Ordnung? Ich denke Tag und Nacht darüber nach und hoffe, dass am Ende alles gut wird.
„Danke, dass du noch so lange durchgehalten hast, Anna. Nun bin ich nicht ganz so sauer auf dich“, gibt mein Chef mir am letzten Arbeitstag mit auf den Weg.
Ich bin sprachlos.
Anna-Katharina Ledwa weiß, dass nicht die schwangere Arbeitnehmerin, sondern ihr Chef für die Einhaltung der Mutterschutzvorschriften zuständig ist. Sie wünscht sich, dass alle Arbeitgeber von werdenden Müttern diese, so gut es geht, unterstützen und ihnen nicht noch mehr Sorgen bereiten.