arbeitsfragen in allen lebenslagen
Feminismus ist bekanntlich leider kein Schulfach, dafür gibt es bei uns an der Schule zumindest ein sogenanntes „Gender und Diversity“-Modul, im Rahmen von Projektwochen. Es soll Schülerinnen* mit den letzten Gender-Diskursen vertraut machen: Butler für Fünfzehnjährige sozusagen, vermengt mit einem Schuss Kulturimperialismus. Also mal eben schnell die angloamerikanische Unterscheidung zwischen biologischem und sozialem Geschlecht vermittelt, die Sexualitäten und sexuellen Orientierungen erläutert, den Unterschied zwischen intersexuellen, transgender und transsexuellen Personen, zwischen hetero, homo, bi, asexuell … Dazu gibt es das Bild einer Person zu sehen, die einen Bart trägt und schwanger ist, aber ihre Brüste wegoperieren hat lassen. Oder das Bild einer Soldatin irgendeiner Armee auf dieser Welt oder eines Vaters, der seine Tochter auf den Schultern trägt. Was ist das jeweilige biologische, das jeweilige soziale Geschlecht der dargestellten Personen, lautet die Frage. Es soll auch sichtbar werden, dass die Vorstellungen von akzeptiertem Genderverhalten historischen und kulturellen Veränderungen unterliegen. Es werden zudem kurze Einblicke in Frauenleben und Männerrechte vor der Zeit der Familienrechtsreform und der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs eröffnet. Und jedes Mal entspinnen sich interessante Diskussionen, die u. a. zeigen, wie weit die Gender-Debatten bereits im Mainstream angekommen sind – dieser ist an meiner Schule überwiegend migrantisch, zu siebzig Prozent weiblich und massiv in der pubertären Identitätsfindung steckend. In den Diskussionen zeigt sich aber auch, was Mädchen alles nicht über die Frauenbewegung(en) und ihre politischen Folgen wissen – und dass einige unter ihnen Abtreibung für Mord halten. Es dauert eine Weile, ihnen zu vermitteln, dass zwischen einer Wahlmöglichkeit, die das Gesetz bietet, und einem Zwang zum Schwangerschaftsabbruch ein entscheidender Unterschied besteht.
Für große Heiterkeit sorgen jedes Mal Übungen zur Körpersprache, in denen die Schülerinnen lernen, wie das jeweils andere Geschlecht zu gehen oder zu sitzen hat. Und oh – Überraschung –, es zeigt sich, dass es männliche und weibliche Machos ebenso wie Softies gibt, woraus frau schlussfolgern kann, dass das Geschlecht nicht die alles bestimmende Kategorie ist.
Eine weitere, wichtige Erkenntnis: Das Thema „Gender und Diversity“ ist bei Teenagern sehr beliebt und nur ein einziges Modul bei Weitem nicht ausreichend, um das vorhandene Interesse zu stillen.
Hanna Gerber ist Lehrerin an einer BMS in Wien.
*Die Verwendung des generischen Femininums meint alle Geschlechter.