Von THEO HOFFNUNGSTHAL
„Doch!“, sage ich zur Backwarenverkäuferin, als sie auf meine achtjährige Tochter und mich deutet, um zu klären, wer als nächstes bedient werden soll. Das passiert regelmäßig. Irgendwie wird mir ein Kind nicht zugetraut. Meine Tochter (die gerade eine heteronormative Phase durchmacht) bedauert, dass ihre Mütter alle Kurzhaarfrisuren haben (es sind derzeit vier Kurzhaarige, die von ihr diesen Status zugesprochen bekommen). Aber sie findet meine Hemden und Bügelfaltenhosen (old school Butch-Lesben-Style) hübsch, das sagt sie zumindest.
Ich weiß nicht, ob es nur an meinem äußeren Erscheinungsbild liegt, doch offenbar ist die Frage „Wie sehen Mütter aus – oder wie sehen sie nicht aus?“ in meinem Alltag relevant. Daran anschließend: Wie sprechen und agieren sie? Und wer darf überhaupt Mutter werden/sein/bleiben? Mein Bedürfnis, mit meiner Tochter in Verbindung gebracht zu werden und andersrum, ist ein komplexes Konglomerat aus emotionalen bis politischen Selbstverständnissen und Selbstbehauptungen.
Andererseits empfand ich es, als meine Tochter ein Baby war, als Tortur, mit dem Kinderwagen unterwegs zu sein. Meine ganze Queer-Performance verschwand vollends hinter diesem klobigen Gefährt. Der sonst übliche Augenkontakt auf der Straße mit anderen Queers, ein kurzer, verstohlener Erkennungs-Smile, ein Flirt maybe … vorbei! Meine Blicke konnten die anderen Blicke gar nicht mehr kreuzen, weil die gar nicht mehr schauten! Der Kinderwagen, vollgepackt mit Kind und überquellend mit Drogerieartikeln, blockierte vollständig deren Sicht! Der Wagen fungierte als Hetero-Tarnmaske, meine queeren Blicke dahinter wurden unlesbar und trafen stattdessen auf ein (hetero-)seeliges Lächeln hinter dem nächsten Backwaren-Tresen.
Theo Hoffnungsthal behauptet gern, sie habe beim Sex mit ihrer Ex-Frau einfach nicht aufgepasst, und findet, dass sie sich als Lesbe ohne Kinderwunsch sehr gut mit ihrer Tochter versteht.

1 Kommentar zu „Sie gehören nicht zusammen, oder?“
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