Auch die Medienwissenschaftlerin BRIGITTE GEIGER findet: Die an.schläge sind unverzichtbar.
„Save the world with feminism!“, so lautet der aktuelle Wahlspruch der an.schläge – und eine gehörige Portion Selbstbewusstsein und Optimismus braucht es tatsächlich, um als feministisches Magazin das stolze Alter von 35 Jahren zu erreichen und unter oft prekären Rahmenbedingungen regelmäßig Information und Analyse aus feministischer Perspektive zu verbreiten.
Organe der Bewegung. Wie schon die Frauenbewegungen der Jahrhundertwende, schufen sich auch die feministischen Bewegungen der zweiten Welle ihre eigenen Medien. Als Kristallisationspunkte geschlechterkritischer Öffentlichkeiten unterstützen sie Verständigung und Auseinandersetzung nach „innen“ wie auch die Verbreitung von Ideen und Einflussnahme nach „außen“. Sind es in den 1970er-Jahren erste Pionierinnen wie „AUF – eine Frauenzeitschrift“ und „AEP-Informationen“ als Organe der neuen Bewegung, entsteht ab den 1980er-Jahren eine vielfältige Medienlandschaft für eine sich thematisch und organisatorisch differenzierende Bewegung und als Teil der nun entstehenden Infrastruktur an Frauenprojekten und ihrer Verbindung von beruflichem und politischem Engagement.
Hohe Qualität in Inhalt und Form. Als eine Vorreiterin der Professionalisierung emanzipatorisch-kritischer Medienarbeit in Österreich stellen sich die an.schläge bis heute erfolgreich den damit verbundenen Herausforderungen: wachsende und sich verändernde Ansprüche an hohe Qualität in Inhalt und Form – hervorzuheben ist die frühe und durchgängige Aufmerksamkeit für Ästhetik und Bildpolitik; beinahe monatliches Erscheinen, das neben der für feministische Zeitschriften typischen Aufbereitung von Schwerpunktthemen aus mehreren Perspektiven auch annähernd aktuelle Nachrichten und Reaktionen ermöglicht; Sicherung einer wie auch immer prekären ökonomischen Grundlage – trotz der Restriktionen staatlicher Frauen- und Medienförderpolitik; über Brüche und Generationenwechsel hinweg eine engagierte und tragfähige Redaktion mit guter Verankerung in diversen feministischen Kontexten, Diskursen und Szenen.
„Jenseits des Malestreams“. Praktisch und theoretisch (etwa mit der an.schläge-Publikation zu Medien „Jenseits des Malestreams“ zum 25-Jahr-Jubiläum) wurde so feministischer Journalismus weiterentwickelt. Orientiert an feministischen wie journalistischen Prinzipien folgt er eigenen Qualitätskriterien – so etwa Transparenz der Situierungen anstelle ohnehin nur vermeintlicher Objektivität, hohe Sensibilität für Sprache, Differenzen und Hierarchien sowie die Ambivalenzen der Repräsentation.
Dieser unabhängige kritische Journalismus ist heute so notwendig wie eh und je. Zwar haben feministische Anliegen und Themen heute durchaus Platz in Mainstream-Medien, allerdings oft im Framing neoliberaler Individualisierung, in ambivalenter Mischung mit antifeministischen und sexistischen Positionen oder mit Instrumentalisierung für rassistische Abgrenzung. Zudem droht mit dem Erstarken populistischer, rechtskonservativer Parteien auch ein geschlechterpolitischer Backlash. Hier sind eigenständige Stimmen und Artikulationsmöglichkeiten essenziell – für Protest und Widerspruch, kritische Kommentierung, vertiefende Differenzierung und als Korrektiv.
Physische Präsenz. Feministische Öffentlichkeiten sind heute vielfach digital. Blogs, Twitter & Co bieten neue Möglichkeiten für Artikulation, Austausch, Vernetzung und Mobilisierung und erreichen so auch größere Sichtbarkeit (wie aktuell an der #Me- Too-Kampagne zu sehen). Klassische analoge feministische Medien hingegen kommen zunehmend unter Druck. In Österreich hatte die Titelanzahl (laut STICHWORT-Datenbank) ihren Höchststand schon Ende der 1990er, mehrere wichtige Zeitschriften haben in den letzten Jahren ihr Erscheinen eingestellt. Ihre spezifische auch haptische Qualität und physische Präsenz sind aber weiter unverzichtbar. Umso erfreulicher sind erfolgreiche jüngere Projekte wie „Missy Magazine“ oder eben das traditionsreiche an.schläge-Magazin.
Ein Hoch. In diesem Sinn: ein Hoch und Dankeschön an die an.schläge(-Redaktion) – und für die Zukunft weiterhin Freude an feministischer Medienarbeit, einen langen Atem, Engagement und kritische Reflexion sowie Offenheit für die Vielfalt der Feminismen – und ganz wichtig: viele, viele treue und neue Abonnent*innen!
Brigitte Geiger ist Kommunikationswissenschaftlerin, lehrt an den Universitäten Wien und Salzburg und arbeitet u. a. zu feministischen Medien und Öffentlichkeiten.