Neulich sprach ich mit meinem Partner über Kindergeburtstagspartys und die kleinen Tütchen mit Süßigkeiten, die dort zum Abschied an uns Kinder verteilt wurden.
Mein Partner – der Deutscher ist – kannte diese Tütchen gar nicht. Mich überraschte das. Für mich waren sie etwas sehr Deutsches. Denn in Japan, wo meine Mutter herkommt, gibt es diese Gewohnheit nicht. War ich in Japan auf einem Kindergeburtstag eingeladen, winkten wir uns lediglich zum Abschied.
Nach unserem Umzug nach Deutschland saugte meine Mutter sämtliche Bräuche auf, die über das Jahr zirkulierten: An Nikolaus hingen rote Socken am Wohnzimmerfenster, gefüllt mit kleinen Spielzeugen und Naschereien. Zu Ostern war der Hase da, der überall kleine Schokokugeln versteckt hatte. An Silvester gab es Fleisch-Fondue, das im Laufe der Jahre Platz machen musste für Raclette. Und irgendwann hatte ich dank Mama eine Sammlung an Stickern und Notizblättern, die ich mit Mädchen aus der Klasse tauschte. Als Kind schien es mir selbstverständlich, dass bei uns alles genauso lief wie bei meinen deutschen Klassenkamerad:innen. Dass dahinter stets meine Mama stand, die alle Besorgungen erledigte und fleißig Tütchen füllte, erfuhr ich erst Jahre später. Dabei sprach Mama anfangs kaum Deutsch, mein Vater war nie da. Neben ihrer anstrengenden Hausarbeit muss sie also nach Informationen gesucht haben, damit wir Kinder in der Schule mitreden konnten und nicht ausgegrenzt wurden.
Einmal verpasste Mama aber tatsächlich etwas Wichtiges. Eines Montags schliefen meine Schwester und ich seelenruhig, als sie plötzlich panisch in unser Zimmer gerannt kam. Die Schule hatte angerufen, weil wir beide fehlten. Mama hatte vercheckt, dass die Zeit umgestellt wurde. Wir hatten den gesamten Sonntag in Winterzeit verbracht.
Meine Lehrerin schüttelte damals augenrollend den Kopf. Aber Mutter zu sein ist ein harter Job. Erst recht in einem Land, in dem die Sprache und Gewohnheiten völlig fremd sind. Give them a break.
Shoko Bethke möchte dieses Jahr zu ihrer Geburtstagsparty im November für jede:n Freund:in ein Süßigkeitentütchen basteln und überlegt jetzt schon, was da alles rein könnte.