EDIE WINDSOR und THEA SPYER erzählen in der Dokumentation „Edie & Thea: A Very Long Engagement“ ihre einzigartige Liebesgeschichte.
Von MIRJAM BROMUNDT
„We made love all afternoon and went dancing at night“, sagt Thea Spyer, eine der zwei Protagonistinnen in „Edie & Thea: A Very Long Engagement“, und markiert damit den Beginn einer lebenslangen Liebe. Bis Edie Windsor Löcher in ihren Strümpfen hatte, ließen sie nicht voneinander ab, und sieht man die beiden Jahrzehnte später den Regisseurinnen Susan Muska und Gréta Ólafsdóttir („The Brandon Teena Story“) ihre Geschichte erzählen, spürt man noch immer diese Energie des ersten Tages.
42 Jahre sind Edie Windsor und Thea Spyer schon zusammen, als sie sich 2007 in Kanada endlich das Ja-Wort geben können. Was bei vielen heterosexuellen Paaren am Anfang ihres gemeinsamen Lebens steht, ist für die zwei Frauen im reiferen Alter ein lang ersehnter Traum – sind sie doch schon seit Jahrzehnten verlobt, doch eine gleichgeschlechtliche Hochzeit war zum damaligen Zeitpunkt in New York unmöglich. Im Dokumentarfilm blicken sie zurück auf ein gemeinsames Leben und sehen sich Dias von früher an, die Thea mit ihrem so spitzen wie trockenen Humor kommentiert. Sie erzählen von der lesbischen Szene New Yorks in den 1960ern, als frau sich auf privaten Partys und in schummrigen Mafiabars vergnügte, und wo Razzien in der Prä-Stonewall-Ära einfach dazugehörten. In einer dieser Bars trafen die beiden College-Absolventinnen mit jüdischem Hintergrund auch das erste Mal aufeinander. Thea war als Tochter einer holländischen Unternehmersfamilie im zweiten Weltkrieg geflüchtet und sollte bald als Psychotherapeutin ihre eigene Praxis haben. Edie kam als in Philadelphia aufgewachsenes Ostküsten-Girl nach New York und war später eine der ersten leitenden Computersystem-Analystinnen und -programmiererinnen bei IBM.
Fotos und Videoaufnahmen einer gemeinsamen Reise nach Surinam, vom Haus in den Hamptons, von früheren Strandurlauben oder Gay-Rights-Demos stehen dem späteren Alltag der beiden Frauen gegenüber. Mit 45 Jahren erkrankte Thea an Multipler Sklerose, was das Paar vor neue Herausforderungen stellte, aber weder Thea noch Edie den Mut verlieren ließ. „Oh shit! I had to fall for the one in the wheelchair!“, lacht Edie, und sieht man den beiden beim liebevollen Zubettbringen oder dem gemeinsamen therapeutischen Schwimmen im Pool zu, merkt man, dass sie es miteinander nicht besser hätten treffen können. Theas Krankheit ist es auch, die die Hochzeitspläne vorantreibt. Mit der Aussicht auf nur mehr ein weiteres Lebensjahr lassen sich die Langverliebten 2007 in Toronto trauen und ersetzen die – durch die Arbeit bei IBM bedingten diskreten – Verlobungsanstecknadeln durch „echte“ Eheringe.
Auch nach dem Tod Theas blieb Edie eine wichtige Figur in der Gay-Rights-Bewegung, und die Geschichte ihres Prozesses „Windsor v. United States“ ist u.a. auf Wikipedia nachzulesen. Da die in Kanada geschlossene Ehe in New York nicht anerkannt wurde, musste Edie nämlich im Gegensatz zu rechtlich gültig (heterosexuellen) Vermählten 363.000 Dollar Erbschaftssteuer zahlen – „The law effectively imposes a tax on being gay“, sagt Edie. Jetzt geht es um die Verfassungskonformität des „Defense of Marriage Act“ (DOMA), in dem festgehalten ist: „(…) the word ‚marriage‘ means only a legal union between one man and one woman as husband and wife, and the word ‚spouse‘ refers only to a person of the opposite sex who is a husband or a wife.“
Gerade vor diesem Hintergrund ist „Edie & Thea: A Very Long Engagement“ nicht nur ein romantischer, persönlicher und immer wieder zu Tränen rührender Film, der bei zahlreichen Filmfestivals, so auch bei identities 2011, ausgezeichnet wurde. Er ist auch ein politisch wichtiges Statement.
Edie & Thea: A Very Long Engagement. USA 2009, 60 Minuten, amerikanische Originalfassung mit deutschen UT
Regie: Gréta Ólafsdóttir, Susan Muska
Mit: Edie Windsor, Thea Spyer
Ab Samstag, 10. Dezember täglich um 20.30 Uhr exklusiv im Topkino Wien
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