Durch die Institutionen marschieren oder sich nur selbst vertreten? EVA MALTSCHIG und EMMA GOLDBITCH haben unterschiedliche Antworten für ihr politisches Engagement gefunden.
Ich bin SPÖ-Mitglied, seit ich 19 Jahre alt bin. Meine sozialdemokratische Familie hat damit ebenso zu tun wie mein Engagement bei den sozialistischen StudentInnen. Letzteres hat mich sehr geprägt – ich mochte die Ernsthaftigkeit der politischen Debatten, die Intensität, das Teamwork, den professionellen Anspruch und die Frauengruppe.
In der SPÖ engagiere ich mich seit 2010 ehrenamtlich in der Sektion Acht, seit 2014 als deren Vorsitzende. Heute habe ich ein sechs Monate altes Baby, leichter wird das mit der Politik so natürlich nicht. Mich fesselt die Parteipolitik aber nach wie vor, weil sie so vielseitig ist: neue politische Ideen aus allen Themenbereichen, Wahlkämpfe, Mehrheiten in Vertretungskörpern, Koalitionen und die Frage, wie man all das in einer Organisation demokratisch zusammenhalten kann. Die Parteipolitik hinterlässt Spuren in unserem Leben, ob ich will oder nicht. Darum bin ich lieber dabei als außen vor und bringe von innen meine Ideen ein.
Gruppen ohne Frauen – egal, wie gut gemeint – können weder die Interessen und Bedürfnisse von Frauen erraten noch vertreten, sie nehmen unangenehme Züge an, die Frauen die Mitarbeit vermiesen. In männerdominierten Runden wird eine Diskussion schnell zum „ich habe Marx besser verstanden als du“-Seminar, das sich bis Mitternacht zieht, die eloquenteste Rampensau gibt den Ton an und der Angriff aufs Patriachat kann erst starten, nachdem das aktuell dringendste Problem gelöst ist (also: nie). Darum müssen Frauen mitmachen und dafür sorgen, dass andere es ihnen gleichtun. Darum ist es erstrebenswert, dass Menschen aus ganz unterschiedlichen Hintergründen in Parteien aktiv sind. Politik, die ihnen wichtig ist, kommt sonst im Einheitsgrau der Anzüge nicht vor.
Außerdem sind Frauen in Parteien die Mutigen, wenn es um Veränderung oder Widerspruch geht. Sie wissen besser als Männer, dass ihre Ämter nur geliehen sind, dass es ein Leben außerhalb des Sitzungszimmers gibt, in das sie auch zurückkehren können, wenn es mit der Parteikarriere hapert. Das macht sie frei, zu tun, was sie für richtig halten. Jüngstes Beispiel dafür sind Daniela Holzinger, Katharina Kucharowits, Nurten Yilmaz und Ulrike Königsberger-Ludwig, die als Einzige im SPÖ-Klub gegen die neueste Asyl-Verschärfung stimmten. Davon können alle Parteien mehr gebrauchen.
Eva Maltschig ist Ökonomin und Vorsitzende der Sektion Acht der SPÖ Wien-Alsergrund.

Am Tag nach der Bundespräsidentschaftswahl schreibt sich dieser Kommentar quasi von selbst. Weil ich mit der Politik in diesem Land nix zu tun haben will. Weil nur ich für mich selbst sprechen kann und weil ich auf meine Fähigkeiten vertraue, wenn es darum geht, grundlegende gesellschaftliche Fragen zu stellen. Weil für mich eine Organisation gegen die herrschenden Verhältnisse eine Frage des Vertrauens in bestimmte Personen ist, mit denen ich meine Träume, potenzielle Ziele oder dafür infrage kommende Methoden teile. Und keine Frage von Wahlen oder Repräsentation. Weil ich mir als Anarchistin die Utopie gönne, Staat, Macht, Patriarchat, Nation und Kapital abzulehnen. Weil meine Lieblingsanarchistin sagt, dass jede bestehende Institution auf Gewalt beruht. Und weil sie damit Recht hat und Parteien nicht die Lösung, sondern ein Teil des Problems sind, weil sie zur Aufrechterhaltung dieses Systems beitragen.
Es ist ja nicht so, dass ich es nie probiert hätte. Grundlagen meiner frühen feministischen Politisierung verdanke ich einer SPÖ-Jugendorganisation. Auch zu den Grünen gab es ein (vor allem) finanzielles Naheverhältnis wegen des Sponsorings diverser Projekte. Weil ich aber nicht mit Eliten- oder Kaderdenken zurechtkomme oder mir Versuche der inhaltlichen Einmischung die Grausbirnen aufsteigen lassen, entschied ich mich irgendwann für den klaren Bruch mit den institutionellen Organisationen: kein Geld und keine Zusammenarbeit mehr. Heißt, auch inhaltlich frei agieren zu können, keine Kompromisse mehr einzugehen und eine Zusammenarbeit mit anderen nur anzustreben, wenn man es für sinnvoll erachtet. Weil ich niemandem verpflichtet bin, sondern nur mir selbst, meinen Ideen und meinem aktuellen Projekt/Genoss_innen. Sicher: Es gibt kein Richtiges im Falschen, das gilt auch für die Organisationsfrage. Darum sind Kritik, Widerspruch und Konflikt wichtig, um sich selbst zu hinterfragen oder um sich nicht als revolutionäre Avantgarde zu stilisieren. Weil man alles selber machen muss, damit es gut wird. Auch wenn es anstrengend und manchmal scheiße ist.
Emma Goldbitch ist wütend und daher seit bald zwanzig Jahren politisch organisiert.
1 Kommentar zu „an.sprüche: Partei ergreifen“
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