Unverpacktes Klopapier und selbst gemachtes Deo: Gespräche aus einem Zero-Waste-Haushalt. Von ULLI KOCH und KATHARINA FISCHER
Katharina: Wie bist du eigentlich auf das Zero-Waste-Ding gekommen? Ich meine, ich habe schon immer irgendwie das Gefühl gehabt, ich werfe zu viel weg, aber plötzlich hatte das Ganze einen Namen und war ein Thema in unserem Alltag.
Ulli: Mich hat einfach diese Konsumgesellschaft, dieser Wahn nach Neuem so geärgert und dass ich andauernd damit konfrontiert war, etwas wegzuschmeißen. Das Thema Nachhaltigkeit hat mich schon länger beschäftigt, ich habe Blogs dazu gesucht, unfassbar viele gefunden und bin dann auf diesen einen Text gestoßen, in dem eine Person beschrieben hat, dass sie den ganzen Müll eines Jahres in ein Glas hineinbekommt.
Katharina: Am meisten hat mich das Thema der sogenannten geplanten Obsoleszenz geärgert: Produkte schon bei der Herstellung so zu planen, dass sie bald auf dem Müll landen. Die Form, in der die westliche Welt Müll produziert, ist Teil eines Systems. Ein System, das nur im Rahmen von Profit agiert und dabei vieles in Kauf nimmt. Massentierhaltung, Müllentsorgung auf anderen Kontinenten, Ausbeutung von Menschen, um immer neue Produkte zu produzieren, die dann in Massen gekauft und weggeworfen werden. Das hat bei mir die Fragen aufgeworfen, woher der ganze Scheiß kommt, wer das alles produzieren muss und wo das eigentlich alles hingeht. Wegwerfen ist Alltag, aber das Zeug verschwindet dann ja nicht einfach so.
Ulli: Deine Kritik am westlichen System ist sehr berechtigt. Müllentsorgung, Müllvermeidung und Müllanhäufung sehe ich aber als ein globales Phänomen. Alle Menschen tragen Verantwortung dafür, wie dieser Planet in den nächsten Jahren aussehen wird. Und weil wir von der Politik nicht allzu viel Unterstützung zu erwarten haben, brauchen wir eine Grassroots-Bewegung, die wirklich Druck ausübt.
Katharina: Was glaubst du, wie viele Menschen zero wasten? Und ob das auch alle so nennen? Immerhin ist es irgendwie ja auch ein Trendname. Können wir erst auf etwas achten, wenn es zu einem Trend wird und es eine Community dafür gibt?
Ulli: Es gibt ausreichend Menschen, die Zero Waste als einen Lifestyle von vielen sehen. Gleichzeitig gibt es genügend Menschen, die es aus einem politischen Bewusstsein heraus tun. Die Community im Hintergrund hilft dabei, sich auszutauschen, neue Ideen zu entdecken und mögliche Lösungswege zu diskutieren. Ich frage mich, ob es nicht besser ist, diesen Trend zu unterstützen. Einfach um mehr Menschen dafür zu interessieren und damit den vorher angesprochenen Druck aufzubauen. Nehmen wir zum Beispiel Klopapier: gibt es in Österreich zu 99 Prozent nur in der Plastikverpackung zu kaufen. Und dass nicht jedes Klopapier recycelt wurde, ist auch klar. Nun gibt es ein Unternehmen in Deutschland, das Klopapier aus Bambus produziert, das – trotz Anreise aus China – klima- und ressourcentechnisch nachhaltiger ist als jedes Recyclingklopapier im konventionellen Handel. Die haben Gespräche mit einer großen Drogeriekette geführt, die das unverpackte Klopapier in ihr Sortiment aufnehmen wollen. Dagegen – wie kommerzialisiert es auch werden wird – werde ich nicht protestieren.
Katharina: Ich finde es großartig, Dinge unverpackt kaufen zu können, und wenn es da mehr Möglichkeiten gäbe, würde das sicher sehr viel verändern. Das Angebot müsste jedoch gleichzeitig auch zugänglicher für alle werden. Das Klopapier zum Beispiel kostet viermal so viel wie ein Recycling-Klopapier in einer Drogerie. Ich finde Unverpacktläden großartig, sehe aber auch, dass sie nicht für alle zugänglich sind. Es ist elitär zu denken, alle könnten sich das leisten. Es müsste zugänglich für alle Einkommensschichten sein. Es gibt aber darüber hinaus viele Möglichkeiten, weniger Müll zu produzieren und den Firmen, die ganze Geschäftsmodelle auf Ausbeutung aufgebaut haben, nicht mein Geld in den Rachen zu werfen. Ich genieße unsere Touren durch Secondhandläden, willhaben.at sorgt immer wieder für interessante Begegnungen, und Dinge selbst zu basteln oder herzustellen ist auch wesentlich witziger, als sie aus dem Supermarktregal zu fischen.
Ulli: Das schätze ich auch sehr. Zugleich regt das den Erfindungsreichtum an. Oder einfach das Bedürfnis, alternative Wege zu suchen und zu finden.
Katharina Fischer und Ulli Koch finden, dass ihr selbst gemachtes Deo mit Natron wesentlich besser riecht und funktioniert. Und es kostet allerhöchstens vierzig Cent und zwei Minuten Zusammenrührzeit. (Rezept gibt es auf smarticular.net)
Unser bevorzugter Unverpacktladen: Lunzers Maß-Greißlerei, Heinestraße 35, 1020 Wien
Eine Liste an Unverpacktläden im deutschsprachigen Raum gibt es auf dem Blog von Shia Su.
Weitere deutschsprachige lesenswerte Blogs:
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http://www.einfachzerowasteleben.de/blog
https://www.ichmachesanders.com
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https://widerstandistzweckmaessig.wordpress.com
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