Die Frage des Ein- und Ausschlusses von Personen qua Geschlecht beschäftigt Feminist*innen seit jeher. Inwiefern uns dabei ein * weiterbringt, diskutieren CARINA KLAMMER und FABIENNE VESPER.
Riot Grrrlz und Queer-Feminist_innen schmücken sich oft mit Pink, Glitzer und (möglichst vielen) Sternen. In ihren Texten finden sich Formulierungen wie z.B. „Liebe Frauen*“. Die hochgestellten Sterne sind dabei eine Strategie, die existierende Geschlechtervielfalt sichtbar und benennbar zu machen.
Denn bei marginalisierten bzw. vereinnahmten Identitäten äußert sich das Nicht-Identische mit dem Bestehenden unter anderem darin, dass es keine Sprache dafür gibt. Da Sprachen meist zweigeschlechtlich strukturiert sind, erweist sich die Symbolisierung und somit auch die Sichtbarmachung von Geschlechtervielfalt als besondere Herausforderung. Zu den momentan gängigsten Praxen zählt – neben dem Binnen-I und dem Unterstrich (Gender Gap) – die Schreibweise mit *. Sterne werden unter anderem in der Computerfachsprache als Platzhalter für eine beliebige Anzahl von Zeichen zwischen zwei Grenzen verwendet.
Wortneuschöpfungen und -Aneignungen können auch als Strategien verstanden werden, mit denen Diskriminierungsmechanismen entgegengewirkt wird, die über hegemoniale Sprachgewohnheiten gleichermaßen fest- wie fortgeschrieben werden. Queere Konzeptionen von Begehren und Geschlecht und die Transgender-Bewegung erweiterten die Debatte über die Legitimierung von Ein- und Ausschlüssen innerhalb der Frauen- und Lesbenbewegung erneut. Die Frage der Inklusion von Trans*Personen wird in feministischen Zusammenhängen nach wie vor (mehr oder weniger) kontrovers diskutiert und mündet in unterschiedlichen politischen Praxen. Insofern ein Begriff wie „Frauen“, je nach Gender-Konzeption, verschiedene Bedeutungen implizieren kann, markiert „Frauen*“: egal ob Pussy oder Penis, gemeint sind alle, die sich hinsichtlich ihrer Geschlechts-identität als Frauen begreifen und auch von anderen als solche wahrgenommen werden möchten.
Die *-Schreibweise bietet somit nicht die Lösung für sämtliche Widersprüche, sondern stellt vielmehr den Versuch dar, diese auch zu benennen.
Carina Klammer ist Soziologin und Teil der Forschungsgruppe „Ideologien und Politiken der Ungleichheit“ (www.fipu.at).

Wenn ich Texte schreibe, glitzern darin viele Sternchen. Das macht sie hübscher und ein wenig besser: Mit dem Wort „Freund*innen“ zum Beispiel werden nicht nur die weibliche und männliche Form sichtbar, sondern auch die Vielfalt anderer Geschlechtsidentitäten.
Letztens las ich aber auf Facebook: „Morgen ist Internationaler Frauenkampftag! Für uns ist jeder Tag Frauen*kampftag :)“. Da musste ich erst mal rätseln, wo der Unterschied zwischen „Frauen“ und „Frauen*“ liegt. Ist dieses Sternchen ein Versuch, Menschen jenseits der Zweigeschlechtlichkeit anzusprechen? Wohl eher nicht: Sowohl Frauen/Männer als auch Frauen*/Männer* sind konstruierte Begriffe, die sich binär aufeinander beziehen.
Oft heißt es, mit diesem Sternchen seien trans* und inter* Frauen mitgemeint. Für mich als trans* Frau wirft das aber viele Fragen auf. Werde ich denn nicht als Frau gesehen, wenn das Sternchen fehlt oder weggelassen wird? Weiß ich nicht am besten selbst, ganz ohne Sternchen, ob ich eine Frau bin und was es für mich bedeutet, Frau zu sein? Oder habe ich das in den Augen der Sternchen setzenden Autor*innen gar nicht selbst zu entscheiden?
Ganz sicher ist das Sternchen gut gemeint. Aber die allermeisten Frauen, die darum kämpfen müssen, auf ihre eigene Art als solche anerkannt zu werden, möchten nach meiner Erfahrung nicht permanent und gesondert sichtbar gemacht werden, sondern selbstverständlich als Frauen gelten.
„Der Feminismus braucht ‚die Frauen‘, aber er muss nicht wissen, ‚wer‘ sie sind“, schreibt Judith Butler. Entsprechend sollte Frauen selbst überlassen werden, ihre Geschlechtsidentität zu definieren. Diese Definitionsmacht sollte nicht bei Autor*innen liegen, indem sie ein Sternchen setzen oder auch nicht, sondern bei den Frauen selbst.
Auf keinen Fall sollte der Begriff „Frauen“ ohne Sternchen denen überlassen werden, die ihn manchen Frauen gegenüber ausgrenzend verwenden. Das wiederum geht nur, wenn wir den Begriff „Frauen“ selbst verwenden, und zwar inklusiv für alle Frauen.
Fabienne Vesper stammt aus Straßburg und ist gelernte Europawissenschaftlerin. Sie twittert und bloggt über Alltägliches, Feminismus und Politik. Ihre Devise: Nichts kommt von selbst. Ihre Leidenschaften: leckeres Essen und Fernsehserien.
2 Kommentare zu „an.sprüche: Nach den Sternen greifen“
Dieser Stern ist, wenn er für transsexuelle Menschen verwendet wird, einer der ausgrenzenden Unsitten dieser Tage. Mit Sternen kann man nämlich super unsichtbar machen. Dort wo L und S in LSBT ganz klar auf unterschiedliche Lebenserfahrungen bezieht und sowohl ein L und ein S gleichberechtigt sichtbar sind, werden mit Trans* alle geschlechtlichen Variationen, die es sonst noch so zu geben scheint, als ferner liefen gemeint, ohne ihnen eine gleichberechtigte Nennung im jeweiligen Kontext zu gewähren. Der * ist der Buchstabe, der als Sinnbild für die Ausgrenzung und Ungleichbehandlung geschlechtlicher Normvarianten wie transsexuellen Menschen (Menschen, die mit entgegengeschlechtlichen Körpermerkmalen geboren werden), Transgender-Personen (Menschen, die in einer entgegengeschlechtlichen Rolle leben wollen) u.s.w.
Natürlich ist der * eine praktische Angelegenheit, wenn man Menschen in der Unsichtbarkeit halten will.
Diese Ausgrenzung ist ziemlich demütigend und alles andere als etwas, worauf jemand noch stolz sein sollte. Sichtbarkeit gehört dazu, wenn es um Gleichberechtigung geht. Wer mit *en unsichtbar macht, anstatt geschlechtliche Vielfalt beim Namen zu nennen, grenzt aus und tut so, als wäre es genau das Gegenteil.
Ich verstehe die Befuerchtung darueber, unsichtbar gemacht zu werden, allerdings ist mir diese Sicht dann doch leider wieder zu einseitig.
Vorweg moechte ich auch sagen, dass dieser Gedanke nicht ausgereift ist und ich keinen Anspruch auf die Wahrheit lege, doch habe ich da trotzdem meine Zweifel.
Mich erinnerte dies naemlich an Aussagen, die vor einiger Zeit und leider immernoch im Hinblick auf das Gendern bei bspw. Berufen wie Arzt/Ärztin getroffen werden und wurden. Also eben diese, die sagen ‘ …warum darueber aufregen und die Sprache verkomplizieren, wenn ich mich soweit “emanzipiere” und deswegen mit angesprochen fuehlen kann ‘
Ist es nicht auch ziemlich einseitig, sich als zB. Trans*Frau darueber zu beschweren und eben genau dann damit erstmal alle anderen Auffassungen von Gender zu ignorieren und eben damit auch wieder auszugrenzen?
Ist ein Verzicht auf das Sternchen, also nur “Mann” oder “Frau” zu schreiben, nicht auch wieder ein Schritt zurueck weil er damit das binaere Rollenverstaendniss wieder aufgreift und somit bestaerkt?
Soweit meine ersten Gedanken dazu, die ich einfach mitteilen wollte, da mir der Text ein bisschen auf den Magen geschlagen ist.