Eine an.schläge-Anekdote aus der an.schläge-REDAKTION
„Wie wäre es mit einem Artikel über Väterkarenz?“ Dieser Vorschlag von Gabi Ende der 1990er war ein Tabubruch und hat stundenlange Diskussionen in der Redaktionssitzung nach sich gezogen.
Ein Artikel über Männer? Ist das feministisch genug? Aber wir fordern ja Beteiligung an der Kinderbetreuung, warum dann nicht auch darüber berichten? Der Artikel wurde schließlich veröffentlicht und das war gut so. Es ist eines von vielen Beispielen, wie sich im Laufe der Jahre, in der Auseinandersetzung miteinander und mit unseren Lebensrealitäten, die Themenpalette der an.schläge verändert und erweitert hat. Zu Gründungszeiten war der feministische Aktivismus noch großteils lesbisch, Ausläufer der „Können-Heteras-überhaupt-feministisch-sein“-Diskussionen der 1970er-Jahre waren spürbar. Die erste Frau mit Kinderbetreuungspflichten – auch „Mutter“ genannt 😉 – im Redaktionsteam war eine Innovation. Kurze Zeit später wurde Angela als erste Redakteurin schwanger. Das hatte massive Auswirkungen auf die Produktionsbedingungen, denn damals war eine Redaktionssitzung ohne dicken Qualm von Dutzenden Zigaretten undenkbar. Plötzlich herrschte Rauchverbot und die Frauen gingen während der Sitzung einzeln und nacheinander zum offenen Fenster, um hinaus zu qualmen. Wir haben uns auch daran gewöhnt. Die neuen Erfahrungen haben auch die Inhalte der an.schläge verändert: Es gab eine Mutter-Glosse (das legendäre „Heimspiel“) und mehr und mehr Familien-Themen. Die erste Geschichte über Transgender-Personen hat intern wie extern für Diskussionen gesorgt („Das sind doch Männer im Rock!“). Doch auch dieser Skandal war wichtig. Heute wird kein einziges Heft geplant ohne das ehrliche Bemühen, die vielen Perspektiven von Geschlecht und Identität, Mütter, LGBTIQ, People of Color und alles mit Blick auf Intersektionalität und class trouble zu berücksichtigen. Dagegen war der Kampf für die Väterkarenz ein Kinderspiel. Ach ja, und die Redaktionsräume sind selbstverständlich seit Jahren rauchfrei.
Angela Heissenberger/Redakteurin 1995-2002, Verena Fabris/Redakteurin 1999-2006 und Gabi Horak/seit 1998 in der Redaktion