R’n’B-Fans müssen für herzzerreißende Liebeslieder nicht länger in die USA oder nach Großbritannien schauen – souveräner R’n’B kommt aktuell von der in Wien lebenden Newcomerin Adaolisa. Von Dalia Ahmed
Der deutschsprachige R’n’B wird ganz groß, das wird uns immer und immer wieder versprochen. Er war ja auch schon mal im Mainstream angelangt. In den späten 90ern und frühen 2000ern lief die Kollabo zwischen Joy Denalane und Freundeskreis „Mit dir“ im Discman heiß, und auch die Formation Söhne Mannheims um den inzwischen auf arge Abwege geratenen Xavier Naidoo war eine Fixgröße am Pop-Firmament.
Aktuell kommt das alles wieder. Artists wie Rola, Mashanda oder Eli Preiss machen authentischen, wunderschönen R’n’B auf Deutsch. Die in Wien lebende Künstlerin Adaolisa beweist uns aber gerade, dass heimisch produzierter R’n’B auch auf Englisch extrem gut klingen kann.
Adaolisa macht Tracks, die problemlos auf einem Mixtape oder einer Playlist direkt neben neuen Releases von SZA, Summer Walker oder Ari Lennox gelistet werden können.
„Durch meinen Vater, der mein Zuhause immer mit Musik gefüllt hat, bin ich mit den Stimmen von Brenda Fassie, Michael Jackson, Anastasia, Lionel Richie, Fela Kuti und Luther Vandross aufgewachsen“, erzählt Adaolisa im an.schläge-Interview.
Adaolisa ist in Johannesburg geboren und aufgewachsen, nach einem Zwischenstopp in Salzburg mit ihren aus Österreich und Nigeria stammenden Eltern lebt und arbeitet sie nun in Wien. Die Musik, die ihr Vater in ihrer Jugend durchs Haus schallen ließ, hat die Musikerin entscheidend geprägt. Denn die Basis von Adaolisas Sound ist die Liebe zum geschmeidigen und doch kraftvollen R’n’B. Bittersüße Lovesongs, bei denen man sich in den besungenen Schmerz lehnt, um gestärkt am anderen Ende des Songs auszusteigen. „Ich konzentriere mich auf das Songwriting, die Melodienfindung und das Texten. Ab und zu produziere ich aber auch selbst mit.“
Mit dem Musikmachen und der Auseinandersetzung damit hat Adaolisa schon als Kind begonnen. Sie sang mit ihrer Mutter und tanzte mit ihrem Vater zu den Platten von Fela Kuti. Nach der Matura schloss sie sich mit ihrem Schulkollegen und Produzenten, Johannes Madl aka Hansi Kabinett, zusammen, um gemeinsam an Adaolisas Sound zu schleifen. Einem Sound, der auf dem R’n’B-Fundament aufbauend Afropop, Trap und mehr aufnimmt. „Durch meine verschiedenen kulturellen Hintergründe versuche ich als Afro-Österreicherin in meiner Musik verschiedene Genres wie R’n’B, HipHop, Pop, Afrofunk und Neo-Soul zu kombinieren“, sagt sie.
Auf der ersten Adaolisa-Single „Bae Privileges“, die 2019 erschien, stellte sie den nervigen Ex singend bloß und schloss mit ihm ab, alles über einem bassigen und doch leichtfüßigen Beat mit Xylophon-Einbindung. Und auch die nächsten Releases waren alle Bops, die von smooth und spaßig bis melancholisch und frustriert das gesamte Liebesgeschichten- und Beziehungsdramen-Spektrum abdeckten.
Neben den Themen, den spielerischen Beats und ihrer satten Stimme ist aber vor allem Adaolisas Storytelling der Star ihrer Musik. Adaolisa beschreibt ihre Gefühle auf eine reflektierte Art, klagt den Fuckboi relatable an und streut authentisch R’n’B- und Popkultur-Referenzen ein. So trägt in einer der – wenigen deutschsprachigen – Textzeilen im Song „In deiner Hand“ der Teufel nicht mehr Prada, sondern Kanye-West-Sneaker.
Adaolisas Sound ist frisch, entspannt, öffnet Projektionsflächen und beweist, dass hier ein fix fertiger R’n’B-Star vor uns steht. Wer mir nicht glaubt, wird dann im November schon sehen, wenn Adaolisa ihre Debüt-EP „Banana Island“ veröffentlicht. „Banana Island“ wird, so Adaolisa, „eine musikalische Erzählung von vier Tagträumen. Das lyrische Ich durchlebt die Gezeiten der Liebe, das Kommen und Gehen von Gefühlen.“ Das wird ganz groß!