leben mit kindern
In meinem elterlichen Freundeskreis greift das Reden übers Zelteln um sich. Das Reden, wohlgemerkt. Wenn es vom „Wir sollten mal“ zur Umsetzung geht, allfällige Erfahrungsberichte erfragt, Details sondiert oder gemeinsame Planung ins Auge gefasst werden soll, lösen sich bislang fast alle diese Projekte früher oder später in Luft auf. Sobald die Vorstellung konkreter wird und sich zur romantischen Vorstellung ländlicher Idylle das notwendige Andenken der anstrengenden Umsetzung gesellt, setzen auch bei mir Bedenken ein. Zelteln ist einfach eine Aktivität, die außer bei irgendwelchen sportiven Outdoor-Freaks, von denen es in meinem Bekanntenkreis keine gibt, bei genauerer Überlegung schnell ihren Reiz verliert. Aufwachen mit Rückenschmerzen, Ameisen im Ohr, Mückenstichen und Dauerwurst mit Thermoskannen-Tee vom Vortag als Frühstück sind wenig attraktive Assoziationen. Und das alles setzt noch voraus, dass es überhaupt gelang, am Abend davor das Zelt richtig aufzustellen. Naturprofis werden hier entgegnen, dass es auch auf dem Zeltmarkt selbstverständlich einen ausgebauten High-End-Bereich gibt, der die Jugend-Zeltlager-Erinnerungen um Längen abhängt. Aber wer will schon ein Vermögen für ein vielleicht im Wortsinne einmaliges Erlebnis investieren?
Zwei meiner Freunde haben sich tatsächlich mal mit Kind ins Zelt gewagt. Einer musste bei der Ankunft feststellen, dass er seine Barschaft vergessen hatte, und seinem abenteuerlustigen Nachwuchs den Vorschlag ausreden, sich stattdessen Nahrung mit Pfeil und Bogen zu besorgen. Der andere und seine Freundin mussten sich, kaum angekommen, ein „Mir ist langweilig, können wir wieder heimfahren?“ anhören. Während die erste Geschichte meine Versagensängste mobilisiert, gibt mir die zweite eine willkommene Ausrede, um es ganz zu lassen. Ist das Gerede vom Zelteln nicht bloß ein abzulehnender ideologischer Appell an den archaischen Mann, Jäger- und Sammler-Qualitäten unter Beweis zu stellen? In manchen Fällen eignet sich der Feminismus sogar wunderbar als bequeme Ausrede.
Beat Weber ist eine Autorenleihgabe der Zeitung „Malmoe“.