Nach zwanzig Jahren erinnert ein neues Frauenvolksbegehren daran, dass die Forderungen von 1997 weitgehend ignoriert worden sind. KATHARINA PAYK hat LENA JÄGER vom Frauenvolksbegehren 2.0 gefragt, wie ihr das Projekt unterstützen könnt.
an.schläge: Ein Frauenvolksbegehren ist angesichts der aktuellen politischen Lage in Österreich wichtiger denn je. Aber taktisch auch besonders ungünstig, oder?
Lena Jäger: Das denke ich nicht. Wenn Menschen Diskriminierungen und Bedrohungen erkennen, müssen sie eingreifen, andernfalls machen sie sich mitschuldig; und diese Zeit braucht mutige Menschen, die sich dem Backlash entgegenstellen. Da geht es tatsächlich auch um Feminismus als politische Antwort auf sterbende Solidarität und Menschlichkeit – und auf eine Politik, der es um Machtausbau und Ausgrenzung statt um ein friedliches Miteinander geht.
Was sind die wichtigsten Forderungen des Frauenvolksbegehrens 2.0?
Wir haben neun Forderungen, die es allesamt braucht, um endlich echte Gleichstellung für Frauen* herzustellen. Mir persönlich ist die Forderung „Vielfalt leben“ besonders wichtig. In der geht es darum, dass Geschlechterstereotype – die in meinen Augen alle Menschen viel zu sehr einschränken und ihrer persönlichen Entfaltung im Wege stehen – nicht mehr weiter in Werbung und sämtlichen Kulturmedien, wie Schulbüchern, reproduziert werden. Das ist gerecht. Grundsätzlich stehen alle Forderungen gleichberechtigt nebeneinander. Zudem sind jene Forderungen von großer Bedeutung, die Frauen* aus ökonomischer Abhängigkeit befreien. Hier zeigt sich die Komplexität der Materie. Es braucht eine grundlegende Neubewertung von Arbeit, Regelungen, die der gläsernen Decke endlich etwas entgegensetzen. Das können in unseren Augen nur Quoten und eine Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft sein. Klassische Frauen*- und Männer*-Berufe müssen neu geprägt werden. Bezahlte und unbezahlte Arbeit muss gerecht auf alle verteilt werden. Darum stellen wir die Frage, wie die sich immer weiter verknappende Ressource Arbeit denn aufgeteilt werden kann? Unsere Antwort heißt Arbeitszeitverkürzung auf dreißig Stunden.
Mit dem Instrument des Volksbegehrens richtet ihr euch direkt an das Parlament. Was können Feminist*innen frauenpolitisch-aktivistisch sonst noch tun?
Es gibt heute unendlich viele Möglichkeiten aktiv zu werden, ganz aus sich heraus. Beispielsweise schreiben. Einen Blog oder auf diversen Social-Media-Kanälen posten und damit die Stimme erheben. Aber eben auch sich einer feministischen Gruppe anschließen oder selbst eine gründen.
Warum sollten alle Feminist*innen das Frauenvolksbegehren unterschreiben? Wie kann mensch sich sonst noch einbringen beim Frauenvolksbegehren?
In jedem Bundesland werden aktionistas*, wie wir unsere Aktivist*innen-Gruppen nennen, gesucht. Nicht nur Frauen*. Einfach eine Mail an mitmachen@frauenvolksbegehren.at schreiben. Wir benötigen außerdem nach wie vor Spenden, um alle Kampagnen so umzusetzen, wie wir uns das vorstellen. Also einfach im Bekanntenkreis darauf aufmerksam machen. Wenn 100.000 Menschen jeweils nur einen Euro geben, dann ist uns schon sehr geholfen.
Wann ist die Eintragungswoche, in der man seine Stimme für das Frauenvolksbegehren abgeben kann?
Die Eintragungswoche legen nicht wir fest, sondern der Bundesinnenminister Herbert Kickl. Von dem Moment an, wo wir unsere Unterstützungserklärungen abgegeben haben, hat er drei Wochen Zeit, eine Woche zu benennen; diese kann frühestens acht Wochen später sein und spätestens sechs Monate danach.
Unsere Unterstützungserklärungen sammeln wir ab dem 12. Februar in allen Bundesländern. Eintragungsberechtigt sind leider nur alle österreichischen Staatsbürger*innen ab 16 Jahren, aber es wird eine inoffizielle Unterstützungsliste für nicht wahlberechtigte Wahl-Österreicher*innen geben.
Lena Jäger, geboren in Norddeutschland und streng feministisch erzogen, arbeitet seit einigen Jahren als Consultant und Projektmanagerin in den Branchen Bildung, Frauen und Genuss.
www.frauenvolksbegehren.at