Pünktlich zu Weihnachten, beim letzten Treffen der EU Staats- und Regierungschef*innen unter spanischer Ratspräsidentschaft, wurde die Einigung zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) verkündet. Die Europäische Union macht Abschottung und die Abkehr von Humanität damit zur offiziellen Politik.
Seit vielen Jahren wurde um die tatsächlich dringend notwendige Reform der GEAS gerungen und dabei auf die angebliche Alternativlosigkeit einer Verschärfung gepocht. Dabei wurde wieder und wieder, längst auch in der politischen Mitte, die rechtspopulistische Erzählung von vermeintlichen Pull-Faktoren wiederholt, obwohl diese längst wissenschaftlich widerlegt ist. Klar ist: Eine Verschärfung der GEAS wird nicht zu weniger Flucht und Migration führen, sondern zu mehr unsagbarem Leid, zu mehr Toten im Mittelmeer und anderswo an den EU-Außengrenzen.
Asylverfahren sollen nun direkt an den Außengrenzen innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten durchgeführt werden. So lange sollen Geflüchtete in Lagern festgehalten werden. Eine Abwicklung der Verfahren an den Außengrenzen kann fehlerhaft sein, die Chancen, Widerspruch gegen einen negativen Beschluss einzulegen, sind gering. Das Ziel ist klar: vermehrt Abschiebungen durchsetzen. Damit wird eine bereits existierende Praxis legalisiert: Asylsuchende für Monate in Lagern in Griechenland, in Italien oder anderswo zu internieren. Um mehr Abschiebungen vornehmen zu können, ebnet die GEAS auch den Weg zur Anerkennung von sogenannten sicheren Drittstaaten. Weitere „Migrationsdeals“ mit despotischen Regimen wie in der Türkei oder Tunesien werden in absehbarer Zeit besiegelt werden.
Viel wird gewarnt vor einem bevorstehenden Rechtsruck nach den kommenden Europawahlen. Doch der Rechtsruck ist jetzt. In der Adventszeit hat die Ankündigung, dass bald Kinder in geschlossenen Haftlagern ausharren müssen, lediglich zur Empörung bei einschlägigen Hilfsorganisationen und einigen wenigen Politiker*innen geführt. Der große Aufschrei ist ausgeblieben, dunkle Zeiten stehen bevor: für die EU, die sich auf Humanität und Menschenrechte beruft. Besonders aber für jene, die unserer Hilfe dringend brauchen.
Carlotta Weber arbeitet für die Europäische Grüne Partei in Brüssel und ist im period.-Team.