Die Schlagzeilen zum Lehrkräftemangel in Österreich häufen sich. Beinahe täglich gibt es Medienberichte, die zeigen, wie düster es um die Bildung hierzulande steht. Bildungspolitik war in den vergangenen Jahren bestenfalls drittrangig und so bewegen wir uns zielgenau Richtung Bildungskatastrophe.
Das weiß inzwischen endlich auch die Regierung und präsentiert deshalb stolz einen Plan, wie der Lehrkräftemangel überbrückt werden soll. Das ÖVP-geführte Bildungs- und Verteidigungsministerium hat sich mit einer besonders kreativen Idee selbst übertroffen: Soldat*innen sollen als Quereinsteiger*innen an die Schulen kommen! Damit nicht genug: Bereits seit 2018 arbeitet das Bildungsministerium ganz fleißig an neuen Lehrplänen für AHS, Neue Mittelschulen und Volksschulen. Die Reform wurde im Jänner 2023 für vollbracht erklärt und sorgt seither für jede Menge Kritik, denn: Nicht nur sollen Soldat*innen aktiv als Lehrkräfte-Ersatz an Schulen zum Einsatz kommen, die neuen Lehrpläne sehen außerdem vor, dass dem Thema „Landesverteidigung“ mehr Aufmerksamkeit im Unterricht geschenkt werden soll. Die Österreichische Hochschüler*innenschaft sowie auch die SPÖ-nahe Aktion kritischer Schüler*innen befürchten eine „Militarisierung“ des Bildungssystems. Statt Landesverteidigung in den Fokus des Schulunterrichts zu rücken und Soldat*innen in den Quereinstieg zu schicken, sollten Themen wie Klimaschutz in den Lehrplänen mehr Beachtung bekommen und die Arbeitsbedingungen für Lehrende verbessert werden, so ÖH und AKS. Ganz ähnliche Forderungen hat auch der Aktionstag Bildung erhoben (siehe Kurzinterview auf Seite 7).
Doch die Forderungen und konkreten Lösungsansätze werden beharrlich ignoriert, stattdessen wird auf reine Symptombekämpfung gesetzt. Die Prioritäten der Regierung sind klar – wer will schon Schüler*innen, die gelernt haben, sich kritisch mit Gesellschaft und Zeitgeschehen auseinanderzusetzen. Dann lieber Bundesheer und Patriotismus im Unterricht. Der Aktionstag Bildung ist ein überparteilicher Streik, dem sich verschiedenste Organisationen und Vereine aus dem Bildungsbereich angeschlossen haben, um auf den Ernst der Lage im Bildungssystem aufmerksam zu machen. Dreißig Organisationen haben bildungspolitische Forderungen ausgearbeitet, die sich in bessere Arbeits- und Lernbedingungen für Lehrkräfte und Schüler*innen zusammenfassen lassen.
Denn die großen Baustellen unseres Bildungssystems sind offensichtlich. Lehrkräfte sind mit der Klassengröße überfordert und werden mit sämtlichen psychosozialen Problemen im Schulalltag allein gelassen. Vor allem Junglehrer*innen bleiben wegen des stressigen Arbeitsalltags oft nicht lange an den Schulen. Die Neuanstellungen kommen den Pensionierungen nicht hinterher. Gerade MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) müssen zunehmend von Quereinsteiger*innen unterrichtet werden, weil der Mangel an qualifizierten Lehrkräften so groß ist. Und das strukturell größte Problem: Bereits nach der Volksschule wird über den weiteren Bildungsweg und -erfolg der Kinder entschieden. Die Entscheidung, ob ein Kind reif fürs Gymnasium ist oder „auf die Mittelschule muss“, erfolgt sehr häufig entlang klassistischen, rassistischen und ableistischen Diskriminierungslinien. Bildung wird in Österreich vererbt – maturieren und studieren können in erster Linie die Kinder von Eltern, die es zuvor schon durften. Migrantische und nicht-weiße Schüler*innen und Lehrkräfte beklagen sich über den Rassismus, der an Österreichs Schulen tief verwurzelt ist. So viel lässt sich vorhersagen: Marschiert das Bundesheer wie geplant auch in die Bildungseinrichtungen ein, wird das mit der rassistischen Diskriminierung dort sicher nicht besser werden. •