Die intensive Beschäftigung mit dem Körper ist etwas, das sich für mich schon länger mehr nach Belastung als nach Befreiung anfühlt. Mindestens aber langweilt und ermüdet es mich. Egal ob im negativen (#bodyshaming) oder im positiven Sinne (#bodypositivity), ich will einfach, dass der Körper, mein Körper, unsere Körper keine so zentrale Rolle spielen. Im Gegenteil, ich will, dass es scheißegal ist, wie mein Körper aussieht.
Die Überbetonung des Körpers und all dessen, was er ist, nicht ist, was er erlebt, wie er sein kann, soll oder darf, in queeren, feministischen, aktivistischen, künstlerischen und akademischen Kreisen, ist das andere Ende des Pendulums der Hyperfixierung auf den zu reglementierenden Körper in Unterdrückungssystemen. Wann pendeln wir uns ein und entspannen uns in neutraler Gleichmut?
Ehrlich, Leute, ich will nicht ständig meinen Körper oder die von anderen thematisieren. Erst recht nicht will ich dauernd darüber reden, wie unterdrückt wir alle sind. Ich will mich nicht selbst kleinhalten, mich auf meinen Körper und meine Diskriminierungserfahrungen reduzieren. Und ich will nicht, dass andere das mit mir tun. Weil es einengend ist, fad – und auch belastend. Aber egal, wie sehr ich versuche, dagegen zu steuern: Dem zu entkommen, ist schwer. Vor 15 Jahren, als ich mich als Künstlerin am eigenen Leib mit diesen Themen auseinandersetzte, hat sich niemand für meine Arbeit interessiert.
Heute interessiert sich niemand für meine anderen Themen. Nahezu alle Buchungsanfragen, die ich erhalte, egal ob für Vorträge, Workshops, Performances, Ausstellungen, Interviews, Filme – alle wollen, dass ich mich über Körperideale, Schönheit und Dickendiskriminierung äußere. Mediale Aufmerksamkeit, z. B. auf Instagram, erhalte ich auch von Menschen, die mich persönlich kennen und/oder mir seit Jahren folgen, oft nur dann, wenn ich meinen (nackten) Körper poste. Für all meine anderen Beiträge drückt kaum wer ein Like ab.
Ich bin also weiterhin mein Körper und werde dafür gehasst oder gefeiert. Die glückliche Gleichmut, sie bleibt ein Traum.
Julischka Stengele lebt als Kunst- und Kulturschaffende in Wien.