Der Frauentag wird hundert – auch in Wien wird anlässlich des runden Jubiläums zur Großdemo aufgerufen. Wer dort mitdemonstrieren darf, ist unter Feministinnen allerdings umstritten. Das KOLLEKTIV des Wiener FrauenLesbenMädchenZentrums (FZ) und ULLI WEISH von der Plattform „20.000 Frauen“ erklären, warum.
FrauenLesbenMädchenZentrum: Wir haben uns als autonome Feministinnen bei den ersten Treffen an der Vorbereitung zur diesjährigen Frauendemonstration am 19. März beteiligt, weil der 8. März als internationaler Frauenkampftag und das Jubiläum „100 Jahre Frauentag“ Teil unserer Frauenbewegungsgeschichte sind. Wir wollen eine große Frauendemonstration mit vielen Frauen. Darin waren wir uns alle einig. Aber einige in der Vorbereitung begreifen „etablierte Frauenorganisationen“, Parteien, Gewerkschaften und „prominente“ Frauen als Ausdruck von (eigener) gesellschaftlicher „Stärke“ und „Breite“ und sehen eine Frauendemonstration nicht als „wichtige“, „große“ Demo. Wir betrachten es aber als notwendig, uns selbst ernst zu nehmen, die eigenen Kräfte aufzubauen und mit dem gemeinsamen Wunsch nach Veränderung zusammenzukommen – für eine starke feministische Bewegung „von unten“. Wir verstehen eine Frauendemonstration als einen wichtigen Bestandteil einer Selbstorganisierung von Frauen. Dafür braucht es einen kämpferischer Bruch mit dem patriarchalen System und seinen (hetero-) sexistischen Lebensbedingungen. Die autonome Selbstorganisierung von Frauen ist eine wichtige Kraft für Frauenbefreiung – für alle Frauen! Nach der Abstimmung im Vorbereitungsplenum (zehn waren für eine gemischte Demo, sechs für eine Frauendemo, einige haben sich der Stimme enthalten) haben autonome Feministinnen vom FZ die Vorbereitungsgruppe verlassen. Am 8. März 2011 wird es eine FrauenLesben-Demonstration zum Internationalen Frauenkampftag geben; nicht weil es „in den letzten Jahren immer schon so war“, sondern weil uns die Selbstorganisierung wichtig ist und weil wir wollen, dass am 8.3. feministische Aktionen regional – mit internationaler Verbundenheit – stattfinden. Über die Beteiligung an der bundesweiten Demonstration am 19.3. mit einem Frauenblock und Aktionen diskutieren wir weiter. Es lebe der internationale Frauenbefreiungskampf!
Das FrauenLesbenMädchenZentrum Wien versteht sich als Teil der autonomen FrauenLesbenbewegung.
8. März-Demo: Treffpunkt 14.00 Europaplatz, Innere Mariahilferstraße/Ecke Gürtel, Kontakt: lesbenfrauennachrichten@gmx.at, T. 01/408 50 57
Ulli Weish: Die 8. März-Demos sind Frauendemos, und das finde ich auch – fast – völlig richtig. In der Demonstrationspraxis jedoch stellen sich alte Fragen immer wieder neu: Ist Solidarität ausschließlich von persönlicher Betroffenheit getragen? Wenn Frausein allein das Kriterium für Solidarisierung ist, dann können wir die Gender- und Queer-Diskurse kübeln, uns häuslich auf die biologischen Geschlechterzugehörigkeiten zurückziehen und Dichotomien beklatschen – doch genau dagegen sind wir doch angetreten, oder? Am 19.3.1911 fand in Wien die erste Großdemonstration für Frauenrechte am Ring statt, 20.000 Menschen gingen damals auf die Straße, vorwiegend Frauen, aber auch einige männliche Gewerkschafter, Liberale und Linke. Am 19. März 2011 hat die Initiative AUS! das Ziel, wieder 20.000 Menschen für Frauenrechte auf die Straße zu bringen, die mit dem aktuellen Stillstand im Land in Fragen der Geschlechterdemokratie nicht einverstanden sind. Uns geht es um maximale Sichtbarkeit an einem Tag, der ein symbolischer Auftakt einer sich wieder formierenden feministischen Bewegung wird, die sich hörbar einmischt, öffentliche Räume besetzt, Themen bestimmt, radikale Forderungen stellt und in wechselseitiger Unterstützung Kooperationen schmiedet – u.a. mit der Frauenministerin wie es Johanna Dohnal vorgeführt hat und dabei einen Demokratisierungsschub erreichen konnte, von dem wir heute alle noch immer profitieren. Heute geht es vor allem um eine dringliche wirtschaftspolitische Einmischung, eine Repräsentationserneuerung und eine nicht müde werdende Infragestellung der Arbeits- und Lohnverhältnisse. Es geht um eine Fundamentalkritik an der völligen Kommerzialisierung des (vorwiegend) weiblichen Körpers und an den krassen Differenzen, die sich zwischen Herkunft, Klasse und Ethnizität in einer neoliberalen Ära tief eingegraben haben. All das klingt vertraut, nichts ist neu, unzählige Forderungen sind seit 100 Jahren und mehr auf dem Tisch. Deshalb: AUS. Aktion Umsetzung. Sofort! Frauen, meldet Euch! Frauen, beteiligt Euch! Frauen, bewegt!
Ulli Weish, Medien- und Kommunikationswissenschaftlerin, Moderatorin, Universitätslektorin, ist im Vernetzungsteam der Plattform „20.000 Frauen“ aktiv.
AUS! Aktion. Umsetzung. Sofort. Demonstration für Frauenrechte.
19.3., ab 14.00, Treffpunkt Schwarzenbergplatz, Abschlusskundgebung, 16.00 Parlament.
www.plattform20000frauen.at