Valie Export ist heuer 80 geworden und wird zu Recht geehrt und gefeiert, für ihre Verdienste um die Kunst ebenso wie um den Feminismus. Den sieht sie nach wie vor noch nicht am Ziel. Von Andrea Heinz
Man kann die Bedeutung von Valie Export kaum überschätzen – ihre Bedeutung für die Performancekunst, den Feminismus und die Position der Künstlerinnen, vor allem, aber nicht nur in Österreich. Die 1940 Geborene, die heuer ihren 80. Geburtstag feierte, wird als Godmother der Performancekunst bezeichnet, und selbst wenn das natürlich den Blick darauf verstellt, dass es neben Export eine Reihe bemerkenswerter Frauen auf diesem Feld gab, hat dieser Titel doch seine Berechtigung. Denn Export war präzise, innovativ wie kaum jemand anderes (und da sind die Männer des Wiener Aktionismus explizit mit eingeschlossen), auf formaler und ästhetischer ebenso wie auf inhaltlicher, intellektueller Ebene. Auch, wenn sie den meisten wohl in erster Linie als Aktionskünstlerin in Erinnerung ist, mit so ikonografischen Arbeiten wie dem Tapp- und Tastkino (1968) oder der Aktionshose: Genitalpanik (1969): Was die Künstlerin Valie Export auszeichnet, ist, dass sie mehr als nur eine ästhetische Sprache beherrscht. Sie, die einst als Script-Girl und Filmeditorin ihr Geld verdiente, gilt auch als Vorreiterin der Medienkunst. Sie entdeckte in ihrer Kunst früh das Medium Video für sich, schrieb Drehbücher (etwa zu Unsichtbare Gegner von 1976-77, der auch heute noch erschreckend aktuell ist), drehte Filme. Und auch Fotoserien seien erwähnt, wie die Körperkonfigurationen (1972-1982), in denen massige Bauten nur mit dem (weiblichen) Körper vermessen werden. Als wäre tatsächlich einmal nicht die (von Männern geschaffene) soziale und kulturelle Realität das Maß, sondern der Körper der Frau.
Überhaupt, der Körper: Auf ihm, zumal auf dem weiblichen in kapitalistischen (Re-)Produktions-Zusammenhängen, legte Export immer schon einen starken Fokus. Weil bei der Frau letztlich alles am Körper verhandelt wird, sehr viel mehr als beim Mann, dem eine geistige Existenz, etwas den Körper Sublimierendes zugestanden wird. Der Frauenkörper ist Objekt des Kapitalismus, er wird verkauft, optimiert, berechnet, er ist Objekt gesellschaftlicher Zurichtung, wie sie sich in Reproduktionsgesetzen äußert. Aber Export blieb auch hier nicht stehen, sie ging mit der Entwicklung der Zeit: 1999 verfasste sie das Drehbuch Der virtuelle Körper. Vom Prothesenkörper zum postbiologischen Körper, das die Geschichte des (virtuellen) Körpers vom Mittelalter bis in die Gegenwart verfolgt. Der Filmessay kam, mangels Finanzierung, nie zustande, liegt nun aber zumindest als editiertes Drehbuch vor. Wo die Verbindung von Wissenschaft und Kunst heute als letzter Schrei gilt, gab es bei Export immer schon starkes, Disziplinen-übergreifendes Interesse an neuen Technologien und Erkenntnissen und so verbinden sich in ihrer Arbeit Wissenschafts- und Medizingeschichte, Neurobiologie, Philosophie und Kunst. Anlässlich des 80. Geburtstags, den Export im Mai feierte, war im Valie-Export-Center in Linz die Konferenz Anagrammatic Bodies geplant, an der u.a. Christina von Braun, Karin Harrasser und Gloria Meynen teilnehmen sollten und die nun, so es die Umstände erlauben, im Herbst stattfinden wird.
Zum runden Geburtstag gab und gibt es zahlreiche Tribute, Ehrungen und überhaupt viel Verbeugung vor der Künstlerin. Man darf an dieser Stelle aber noch einmal daran erinnern, dass Export, die 2010 unter anderem das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich erhielt, 1970 von eben diesem Staat das Sorgerecht für ihre Tochter Perdita aberkannt wurde – weil sie angeblich eine „unzüchtige Schrift” publiziert hatte. Es handelte sich um eine Dokumentation der Wiener Avantgarde. Sie selbst sieht den Stand des Feminismus nach wie vor nüchtern. So sagte sie unlängst in einem Interview: „Die patriarchalen Strukturen sind heute zwar verschleiert, aber immer noch stark vorhanden. Nur weil Frauen jetzt mehr erreichen können und nicht mehr ihre Ehemänner fragen müssen, ob sie arbeiten gehen dürfen, sind die dominanten Strukturen in der Gesellschaft nicht verschwunden – und männlich. Wir haben immer noch eine dominante Männerherrschaft!”