Die Wiener Band DIVES lernte sich 2015 beim Linzer Girls Rock Camp kennen – und ist zwei Jahre nach der Gründung bereits auf dem besten Weg zur fixen Größe in der deutschsprachigen Indie-Szene. Von BRIGITTE THEIßL
Wenn das „Girls Rock Camp“, wo Mädchen* und junge Frauen* sich alljährlich am Bass oder hinter den Reglern ausprobieren können, ein Aushängeschild bräuchte – die „Dives“ würden sich verdammt gut dazu eignen. 2015 lernten sich Dora de Goederen, Viktoria Kirner und Tamara Leichtfried als Camp-Teilnehmerinnen in Linz kennen und standen beim Abschlusskonzert erstmals gemeinsam auf der Bühne. Im März dieses Jahres spielten sie bereits vor Tausenden im Wiener Gasometer – als Vorband der schottischen Indie-Rocker Franz Ferdinand. „Es ist wirklich alles relativ schnell gegangen“, sagt Tamara, Sängerin und Gitarristin, im an.schläge-Interview. Nicht nur Franz Ferdinand, auch Bilderbuch und Clara Luzia fragten die Dives als Support-Act an – und dann war da noch die Nominierung für den FM4-Award beim österreichischen Musikpreis Amadeus. „Ich habe erst einmal Zeit gebraucht, um wieder runterzukommen.“
Surf-Sound. Mit ihrem 2017 beim Wiener Label Siluh erschienenen Minialbum ernteten die drei Musikerinnen begeisterte Kritiken. Sechs eingängige Songs sind es geworden, Surf-Rock mit einem Hauch Melancholie und punkigen Garage-Anleihen, dominante Bass-Lines, mehrstimmiger Gesang. „Tomorrow“ lässt schon nach dem ersten Hören nicht mehr los, in bemerkenswert kurzer Zeit haben die Dives einen Sound mit Wiedererkennungswert kreiert. Dabei war es anfangs gar nicht so einfach, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. „Es war nicht klar, ob wir überhaupt einen Song schreiben können, der uns allen gefällt“, erzählt Bassistin Viktoria, die das Bassspielen erst nach dem ersten Workshop am Girls Rock Camp erlernen musste. Auch Tamara hatte ein Jahr vor dem Girls Rock Camp angefangen, Schlagzeug zu lernen, und sattelte kurzfristig auf die Gitarre um. An den Drums sitzt stattdessen Dora de Goederen, die auch Teil der queer-feministischen Band Шaпκa (Schapka) ist.
Vorbildwirkung. Dass das Girls Rock Camp für die Vernetzung der österreichischen Musikszene enorm wichtig ist, sind sich die drei Musikerinnen einig. „Mädchen und junge Frauen werden unterstützt, es wird ihnen gezeigt: Ihr habt auch einen Platz in dieser Musikwelt“, sagt Dora. „Wenn ich dort die schüchternen 14-, 15-Jährigen gesehen habe, die am Abschlussabend richtig aufgeblüht sind, das waren schon Gänsehaut-Momente“, erinnert sich Viktoria. Workshop-Leiterinnen, Tontechnikerinnen, Coaches – am Camp sind es ausschließlich Frauen, die die Jobs übernehmen. Vorbilder, die man im Mainstream nicht so leicht finde, meint Tamara. Der Frauenraum auf dem Camp sei vor Ort bald selbstverständlich. Das ist sonst ganz anders: Als „Frauenband“ betitelt zu werden, das kennen die Dives hingegen zur Genüge. „Frauenband ist kein Genre, es sagt nichts über die Musik aus“, sagt Tamara. „Es ist eigentlich komplett lächerlich“, ärgert sich Dora. „Meistens sind es Männer, die uns als Frauenband anmoderieren. Wenn man die fragt: ‚Habt ihr die letzten hundert Bands, die nur mit Männern besetzt sind, auch als Männerbands angekündigt?‘, sieht man erst, wie lächerlich das ist.“
Teilzeit-Stars. Nicht von der Musik leben zu müssen, das genießen die drei Musikerinnen mit Nebenjobs noch. „Kreatives Schaffen funktioniert nicht mehr, wenn man abhängig davon ist, dass es gut ankommt, wenn man das permanent im Hinterkopf hat und nicht einfach drauflosspielen kann“, sagt Dora. Einen Vorgeschmack auf das Musikerinnen-Leben haben die Dives aber längst bekommen. „Wenn man so viel Energie und Leidenschaft in ein Projekt steckt, entsteht natürlich auch das Bedürfnis, nur noch das zu machen“, sagt Tamara. Hits zu schreiben und an Merch zu feilen, um die Miete bezahlen zu können – das sei aktuell aber eine Nummer zu groß. Erst mal durchatmen und Musik produzieren, die den eigenen Ansprüchen genügt. Die Dives bleiben bescheiden: „Wir sind selbst vom Erfolg überrascht. Natürlich haben wir hart dafür gearbeitet, aber der Zufall spielt auch immer mit.“
Die Dives treten am 26. Juli beim Wiener Popfest auf. Alle Tour-Daten findet ihr auf www.siluh.com/artists/dives