Karin Stanger
„Karin – geh, redest du dann bitte noch mit ihm!“ „Ja klar, hatte ich eh vor!“
Ich bin in meinen Dreißigern und schon einige Jahre politisch aktiv. Im Ehrenamt, in NGOs, in den Gewerkschaften – überall das gleiche Phänomen. Wenn es darum geht, das Gruppengefüge zusammenzuhalten, Konflikte zu lösen, jemanden wieder aufzufangen, auszugleichen, dann werden meist sie losgeschickt. Wer? Na, die Frauen.
Selbstverständlich, dass sie es sind, die nach der geplatzten Sitzung nachtelefonieren. Die beordert werden, um mit dem Kollegen die heikle Situation noch mal zu besprechen. Oder die in einem Gremium ausgleichend wirken und die Wogen glätten.
Oft auf Kosten der eigenen Emotionen, der eigenen Zeit, der eigenen Ressourcen. Und manchmal auch auf Kosten der eigenen Positionen.
Das ist „emotionale Arbeit“. Der Begriff ist weit gefasst, meint alles vom Trösten der eigenen Partnerin bis hin zum einfühlsamen Gespräch mit dem Kollegen im Büro. Für die Arbeiterin mag es sich gleich anfühlen, ob sie diese Arbeit zu Hause oder im Job macht. Aber im marxistischen Sinne verändert der Lohn natürlich die Situation. Denn die geleistete Arbeit hat damit nicht nur einen Gebrauchswert, sondern auch einen Tauschwert. Dessen (Wert) sollten sich Frauen bewusst sein und ihre Arbeit nicht als Selbstverständlichkeit betrachten.
„Das muss dann einfach bezahlt werden!“, könnte jetzt angeführt werden. Doch finanzielle Kompensation alleine würde die vergeschlechtlichte emotionale Arbeitsteilung weiter festschreiben. Es muss stattdessen darum gehen, Stereotype aufzubrechen und Verantwortung zu teilen.
Zudem braucht es eine Neubewertung von Arbeit. Dringend nötig ist auch eine höhere Anerkennung für Berufe, in denen permanent emotionale Arbeit geleistet werden muss. Die Anerkennung dafür, dass emotionale Arbeit oft auch mit Belastung und Selbstentfremdung einhergeht, sollte sich im Lohn ebenso widerspiegeln wie in der Ausbildung, in der Berufskrankheitenliste oder bei den Schwerarbeiterregelungen.
Karin Stanger ist Gewerkschafterin und lebt in Wien.