Im Mai, 17 Jahre nach dem letzten Europäischen Konvent, startete ein europaweiter Beteiligungsprozess, um über die EU und ihre Zukunft zu sprechen. Es geht um die ganz großen Fragen und dringend notwendige Reformen. Mitreden sollen dabei möglichst auch die, die das sonst nicht tun. Auf der mehrsprachigen Onlineplattform futureu.europa.eu kann über zehn Themengebiete wie Klima, Migration oder Digitalisierung diskutiert werden, daneben gibt es zahlreiche Online- und Offlineveranstaltungen sowie Plenarsitzungen. Hier treffen 108 Bürger*innen, 108 Mitglieder des Europäischen Parlaments, 54 Vertreter*innen des Rats, drei Repräsentant*innen der EU-Kommission und noch einmal 108 Vertreter*innen der nationalen Parlamente aufeinander. Dieses Plenum steht auch im Zentrum der Konferenz.
Was die ohnehin ambitionierte Ausgangslage nicht weniger kompliziert macht, sind Versuche einiger Regierungen, das Mandat der Konferenz möglichst vage zu halten – mit dem Ziel, Vertragsänderungen zu verhindern und das EU-Parlament auszubremsen. Hinzu kommen die naturgemäß mühsamen Personaldebatten, wer Präsident*in wird und wie viele es braucht.
Nicht wenige üben scharfe Kritik an der Zukunftskonferenz: Sie koste viel Geld und operiere ohne ein konkretes Ziel. Vor allem aber würde die zweckoptimistische Stimmung trügen: Fast alle Redner*innen der Institutionen und Regierungen betonten im Plenum den Willen zu umfassenden Reformen. Wäre man sich jedoch tatsächlich so einig, hätte man schon viel mehr tun können. Es spießt sich in der europäischen Diskussion zwar oft an kleinen Details, aber immer öfter auch an den Grundüberzeugungen.
Dass die am lautesten sein sollen, die normalerweise nicht über die EU reden, bleibt ein hehres wie realitätsfernes Ziel. Denn abseits von Alpbach und anderen elitären Diskussionsveranstaltungen haben die meisten wohl nichts von der Konferenz zur Zukunft Europas gehört.
Bis Frühjahr 2022 ist noch Zeit, das zu ändern. Erfolgreich wird die Konferenz jedenfalls nur, wenn die Ideen der Bürger*innen tatsächlich aufgegriffen werden und sie sich so im besten Fall zur Blaupause für partizipative Entscheidungsprozesse in der EU mausert.
www.futureu.europa.eu
Katharina Steinwendtner war zuletzt Pressesprecherin der SPÖ-Abgeordneten im Europaparlament sowie Co-Organisatorin von Period und lebt nun wieder in Wien.