Zwanzig Personen verhaftete die Polizei Ende März in ganz Österreich – es war ein Großeinsatz gegen die Hasskriminalität. Die mutmaßlichen Täter:innen, Teil eines neonazistischen Netzwerks, lockten schwule Männer über Fake-Accounts zu vermeintlich romantischen Treffen, quälten, beraubten und erniedrigten sie. „Wir haben es nicht mit zufälligen Einzeltäter*innen zu tun, sondern mit einem strukturellen Problem der Gewalt gegen LGBTQIA+-Menschen“, kommentierte Mariam Vedadinejad, Aktivistin bei Queeramnesty, die erschütternde Eskalation homofeindlicher Gewalt.
Straftaten gegen lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie queere Menschen sind zuletzt auch in Deutschland gestiegen: Insgesamt 1.785 Fälle erfasste das Bundeskriminalamt im Jahr 2023.
Hass und Hetze gegen LGBTQs, ganz besonders gegen trans Menschen, ist inzwischen zur Erfolgsstrategie rechter Parteien und Meinungsmacher:innen mutiert.
„Ungarn schreibt Normalität in Verfassung fest“, so feierte etwa die FPÖ das „Aus für den Regenbogen-Wahn“ im Nachbarland, wo im April erneut Tausende auf die Straße gingen, um gegen das Pride-Verbot der Regierung Orbán zu demonstrieren.
Dort, wo einst plumper Antifeminismus die politische Rhetorik dominierte, sind heute Genderismus und „Auswüchse der Transgender-Ideologie“ die Schreckgespenster des rechten Kulturkampfs. Das macht ihn anschlussfähig für besorgte Eltern und das ARD-Hauptabendprogramm – aber auch sogenannte genderkritische Feminist:innen scheinen zunehmend jegliche Berührungsängste zu verlieren.
Als Mitte April der Supreme Court in London urteilte, dass das britische Gleichstellungsgesetz allein biologische Frauen schütze und trans Frauen somit ausgeschlossen werden, feierten das nicht bloß MAGA-Influencer:innen wie Arielle Scarcella. Auch Radikalfeministinnen weltweit jubelten – allen voran J.K. Rowling in Macker-Pose auf der Luxusyacht. Als die Heritage Foundation, Ideen-Schmiede des „Project 2025“, 2019 zum Anti-Transgender-Panel lud, fanden sich dort Vertreterinnen der radikalenfeministischen „Women’s Liberation Front“ ein. Auch in Großbritannien grenzt die „LGB Alliance“ ganz bewusst trans Menschen aus und wurde bereits von zahlreichen queeren Organisationen als „hate group“ gelabelt.
Rechte Parteien setzen längst gezielt auf Schwule und Lesben, die die eigene geordnete bürgerliche Existenz vor sich hertragen und Sexualität als Privatsache abtun. Eine Strategie, die Rechtsextremismusexpertin Judith Goetz im an.schläge-Interview (siehe an.schläge VI/2024) auch bei der AfD verortete: Alice Weidel als lesbische, verheiratete Frau, die nicht queer, sondern eine von den Guten, den „Normalen“ ist. Das übergeordnete Ziel der Rechten ist freilich ein anderes: Der Hass auf die queeren Abweichler und die „Trans-Ideologie“ dient als Werkzeug für die Wiedererrichtung der patriarchalen Ordnung, in der strikte Zweigeschlechtlichkeit vorherrscht und der gebärfähige Frauenkörper verfügbar gehalten wird. Auf dem Weg dorthin wird langsam die Temperatur erhöht. Wo immer der Faschismus die Macht ergreift, richtet er sich zuerst gegen verletzliche Minderheiten, die nicht mit der Solidarität einer breiten Gesellschaft rechnen können. Trans Menschen sind weltweit Verfolgung, Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt, sie sind häufiger von Arbeitslosigkeit, Wohnungslosigkeit und Armut betroffen. In den USA verdoppelten sich die Morde an trans Personen allein zwischen 2017 und 2021, ein Großteil der Opfer sind Schwarze trans Frauen.
Kämpfe für die Rechte von LGBTIQs sind nicht bloß Kämpfe um öffentliche Toiletten und Pronomen, sie sind Kämpfe für elementare Menschenrechte und Würde, für soziale Gerechtigkeit und eine solidarische Gesellschaft – an der ein weißer, queerfeindlicher Feminismus offenbar kein Interesse hat.