eine lady genießt und schreibt
Sebastian Kurz als neues Gesicht und neuer Parteichef einer neuen Bewegung? Aus autobiografischen und stadthistorischen Motiven möchte ich da schon anmerken, dass die Buben der Jungen ÖVP aus den frühen Nullerjahren, die ich auf Mediziner-Clubbings kennenlernte und die mit mir schliefen, weil sie schon immer mal von einer echten Feministin rangenommen werden wollten, genauso gekleidet waren und genauso sprachen. Da hängt sicher noch eine Barbour-Jacke im Vorzimmer von Basti. Ich als Expertin muss das wissen. Und ich nehme mir heraus, das einfach mal zu sagen – auch wenn der Shitstorm vermutlich schon vorprogrammiert ist. Political Correctness, in den 80er-Jahren noch ein ambitioniertes Projekt, das als akademische (und vielleicht ein wenig puritanische) Antwort auf die Mackerinnenkultur gelesen werden konnte, schießt mittlerweile längst übers Ziel hinaus. Aus der sinnvollen und notwendigen Kritik an nackten Ärschen, die bei jeder Rasierschaum- oder Baumarktwerbung in die Kamera gestreckt wurden, ist eine verbissene Sittenpolizei entstanden, die letztendlich auch der (einst als befreit gefeierten!) Sexualität jeden Reiz nimmt. Männer-Aktivisten zelebrieren angesichts der im Westen längst erfüllten Gleichstellungsforderungen im Netz die vielfältige Schönheit ihrer Hodensäcke („beauty at every ball shape“) oder sinnieren über den „essentialistischen“ Eichel-Begriff. Ist auf dem Plakat einer Bierwerbung aber auch nur der Ansatz einer rückseitigen Rundung junger, kerniger Burschen zu sehen, klebt sofort ein Sexismus!-Sticker an der Plakatwand. Kaum verwunderlich, dass zuletzt gerade Autorinnen wie Josefine Lottmann oder Thea Glavinic Erfolge feierten, die ihre Protagonistinnen auch mal in die Tabledance-Bar schicken und sie dort auf die prallen Ärsche blutjunger Rumänen starren lassen. Und die eine nasse Möse einfach mal eine nasse Möse sein lassen.
Lotta Luise verweist auf den satirischen Gehalt dieser Kolumne – und die realen politischen Ereignisse, die dahinterstehen.