eine lady genießt und schreibt
Letztens stieß ich in einem Nachrichtenmagazin auf die Geschichte eines jungen Fußballprofis. Er hatte seinen Arzt gefragt, ob es ein Medikament gebe, das die Libido unterdrückt – sein Sexualtrieb lenke ihn nämlich von seiner sportlichen Karriere ab. Erschreckenderweise fand ich mich in dieser Erzählung wieder – allerdings verhält es sich bei mir genau umgekehrt: Mit zunehmendem Alter beschleicht mich das Gefühl, meine „Karriere“ (fette Anführungszeichen sind hier angebracht) lenkt mich von meinem Sexleben ab. Dass Frauen mit zunehmendem Alter immer besseren Sex hätten, ist ja eigentlich ständig in Illustrierten zu lesen. Mal abgesehen davon, dass Sex-Journalismus oft biologistischer Unsinn ist, frage ich mich, wie solche Theorien zustande kommen. Schon möglich, dass ein besseres Körpergefühl und das Kennenlernen eigener Vorlieben für mehr Orgasmen sorgen, aber was ist mit den nicht unwesentlichen Faktoren Zeit und Entspanntheit? Stichwort: Lohnarbeit! Angeblich soll es ja (kinderlose) Paare geben, die Termine für ihre sexuellen Begegnungen vereinbaren. 17.30 Uhr Steuerberaterin, 19.30 Uhr Geschlechtsverkehr. So will ich nun wirklich nicht enden, auch wenn ich mich schon mehrmals bei dem Gedanken ertappt habe, ob es trotz zu erwartender abendlicher Vergnügungen nicht vernünftiger wäre, den Text/die Präsentation fertigzustellen.
Den besten Sex meines bisherigen Lebens hatte ich entgegen gängiger Theorie eben doch in jungen Jahren: Ganze Wochenenden kaum das Bett verlassen, all die kreative Energie in dreckige Sexfantasien stecken, vögeln, ohne über das Morgen nachzudenken – und zwar frei von Existenzängsten, die sich mit Anfang zwanzig noch herrlich einfach verdrängen lassen. Als ob es noch ein weiteres Argument für das bedingungslose Grundeinkommen gebraucht hätte: radikale Umverteilung – mehr Sex für Prekäre!
Lotta Luise summt „Er war gerade 18 Jahr“ von Dalida vor sich hin.