Sophia Foux
Diese Kolumne ist einem Freund gewidmet, der seinem Leben im September letzten Jahres ein Ende gesetzt hat. Wobei „getötet worden ist“ vielleicht eine adäquatere Beschreibung wäre, denn wie kann es seine Entscheidungsfreiheit gewesen sein angesichts seiner Angst vor der Staatsgewalt, Abschiebung, Verfolgung, Terror und Folter, im Angesicht von Isolation und Verzweiflung?
Der Tod dieses Freundes markierte für mich den Beginn einer Abwärtsspirale im letzten Jahr. Ich wusste nicht, wie ich weitermachen sollte in dieser verabscheuenswerten Welt und wäre beinahe zerbrochen an einer Mischung aus rasendem Schmerz und mindestens ebenso rasender white guilt. In dieser schwierigen Zeit erlebte ich auch noch Enttäuschungen: Enge Bezugspersonen, denen ich vertraut hatte, schafften es nicht, sich so um mich zu kümmern, wie ich es gebraucht hätte. Der Tod ist immer noch ein Thema, mit dem viele Menschen nicht umgehen können. Es wäre sicher gut gewesen, mich mehr um mich selbst zu kümmern und weniger Fürsorge von anderen zu verlangen, aber das habe ich nicht geschafft.
Wo liegt die Grenze zwischen Verantwortung für sich selbst und Verantwortung für andere? Wo sollte die Grenze von Care liegen, wo ist Abgrenzung wichtig und das eigene Wohlbefinden zu priorisieren? Und wie können wir uns trotzdem besser umeinander kümmern in dieser prekären, bitterkalten Welt? Ich habe noch nicht mal im Ansatz eine Antwort. Für all jene, die nicht in die neoliberale, weiße Heteronorm passen, die gegen unterschiedliche Formen von Gewalt und Diskriminierung kämpfen, ist es oft schon übermäßig anstrengend, nur den Tag zu überstehen. Dennoch bin ich mir sicher: Was alleine oft unmöglich wirkt, ist als Kollektiv leichter schaffbar. Deshalb meine Bitte an euch: Please don’t stop caring, im doppelten Sinne. Hört nicht auf, euch umeinander zu kümmern und hört nicht auf, euch Sorgen zu machen um die Welt, um die Kämpfe anderer sowie um eure eigenen. Schaut bitte nicht weg. Diese Welt braucht so viel mehr Care.
Sophia Foux möchte sich in Selbstfürsorge und Selbstliebe üben und mehr radikale Sanftheit mit sich selbst und ihrem Umfeld leben.