Während meines Studiums habe ich sehr viel Foucault gelesen. Der französische Philosoph ist bekannt für seine Analysen von Macht. Seither kann auch ich nicht mehr durch die Welt gehen, ohne überall selbst feinste Machtverhältnisse zu sehen und zu analysieren, wo denn hier die Handlungsmacht des Individuums beginnt und wo sie aufhört. Welche Subjektpositionen vom Staat – um mit Foucault zu sprechen – wie genau regiert werden.
Als queere Person spüre ich dieses „regiert werden“ schon lange sehr deutlich. Es sind die kleinen Momente, die ein bisschen stechen und piksen, immer wenn ich realisiere, dass ich gerade aus der Norm falle. Ich habe sie bisher meist in kleinen Dosen gespürt, diese Macht der Normen, zum Beispiel durch seltsame Blicke auf der Straße, Misgendering oder Nicht-Repräsentation in Filmen und Büchern. Doch das hat sich schlagartig geändert, als eine Freundin und ich Anfang des Jahres gemeinsam beschlossen haben, Pflegeeltern zu werden. Noch nie zuvor hatte ich so stark wahrgenommen, wie krass dieser Staat über mein Leben bestimmen kann. Es ist nämlich nicht verboten, als platonische Freund*innen ein Pflegekind aufzunehmen, aber es ist – hier sind sie wieder, die Normen – doch irgendwie seltsam. Wir mussten also genau unter die Lupe genommen werden. Wir wurden zu unserer Wohnform befragt, zu unserer Sexualität und Geschichte, warum und woher und wie lange und wie gut wir uns kennen. Stets mit dem kritischen Blick, den mensch auch einem unbekannten Insekt zuwerfen würde, bei dem noch nicht eingeschätzt werden kann, ob es harmlos ist oder nicht.
Wir haben sie über uns ergehen lassen, diese Verhöre und Überprüfungen, die keines der monogamen, romantischen Heteropaare, die sich ebenfalls für eine Pflegeelternschaft interessierten, absolvieren musste. Mehr noch, wir haben versucht, sie möglichst souverän zu bestehen, um nicht noch zusätzliche „Probleme“ zu bereiten. Es hat sich beschissen angefühlt, so autoritätshörig nach diesen Regeln zu spielen – doch was wäre die Alternative gewesen?
Sophia Foux bastelt an ihrer Elternschaft und daran, sich im staatlichen Behördenapparat möglichst viel Handlungsmacht zurück zu erkämpfen.