alltägliche grenzerfahrungen
„Am 8. April war der Internationale Roma-Tag. Dieser wird seit dem ersten Internationalen Roma-Kongress 1971 in London begangen. Grund zum Feiern gibt es allerdings nicht. Speziell die Lage in Ungarn (wo der ultranationale Viktor Orban mit absoluter Mehrheit regiert) lässt alte und neue Ängste in mir hochkommen …“ Mit diesen Worten habe ich meine Kolumne anlässlich des Internationalen Roma-Tages letztes Jahr um dieselbe Zeit begonnen. Heuer muss ich leider kein Wort davon verändern. Die Lage der Roma ist unverändert – unverändert schlecht, unverändert hoffnungslos. In Ungarn ist sie sogar noch schlechter als vor einem Jahr. In diesem Jahr wurde der Roma-Tag im Burgenland mit einem Symposium, in Linz mit einer Diskussion und in Wien mit einem Festakt im Parlament groß zelebriert. Die Veranstaltung im Parlament verdankte sich vor allem dem diesjährigen 20-jährigen Anerkennungsjubiläum der Roma als österreichische Volksgruppe. Dort sprach Nationalratspräsidentin Barbara Prammer darüber, wie wichtig dem Parlament die Roma sind. Abends wurde, ebenfalls im Parlament, das Jubiläum der ORF-Minderheitenredaktion begangen. Diese war nicht faul: Sowohl Ö1 als auch die ZIB sowie die Sendung „Thema“ setzten sich intensiv mit dem Roma-Thema auseinander – ORF 3 hat sogar einen Teil der Parlamentszeremonie live übertragen. Ein Beweis dafür, dass mediale Aufmerksamkeit alleine nicht reicht. Denn die Roma sind zwar sehr präsent in den Medien, aber fast ausschließlich in negativen Kontexten. Ich bin völlig überfordert von den vielen „Dokumentationen“ über „Bettel-Roma“, die „ihre Töchter auf den Strich schicken“ und „europaweit bandentechnisch organisiert“ seien. Viele Binsenwahrheiten, viele Vorurteile, dafür wenig Information und Menschen, die in einer Fake-Doku für ein paar Euro ihre oder eben irgendeine Geschichte erzählen. Scha(n)de. Konsequenterweise werde ich diese Kolumne auch mit denselben Worten beenden wie im Vorjahr: „Daran, wie wir die Armen und Wehrlosen einer Gesellschaft behandeln (wer auch immer diese sind), ermisst sich, was ‚Europa‘ wirklich bedeutet. Der 8. April ist der Internationale Tag der Roma. Roma sind EuropäerInnen. Auch an jedem anderen Tag des Jahres.“
Gilda-Nancy Horvath (29) ist eine in Wien geborene Lovara-Romni und seit sieben Jahren in der ORF-Volksgruppenredaktion tätig. Als Expertin und Aktivistin berät sie europaweit zahlreiche Projekte, Vereine und Institutionen.