entdeckungen im alltag
An der Haltestelle strahlt mir jeden Morgen eine Waschmittel-Anzeige von Persil entgegen. Lila Hintergrund, rechts die Flasche Waschgel, auf der linken Seite in Blockbuchstaben BLACK IS BEAUTIFUL, das IS durchgestrichen und durch ein BLEIBT ersetzt. Ein Sujet, das die Unsichtbarmachung Schwarzer Präsenz im deutschsprachigen Raum einmal mehr unterstreicht.
Wenn ich den Slogan BLACK IS BEAUTIFUL lese, denke ich an Schwarze Menschen, die selbstbewusst NEIN sagten zu einer Vorstellung von Schönheit, die ihnen keinen Platz darin einräumte. Oder nur, um als Anschauungsobjekt für das Gegenteil zu dienen. Ich denke an Frauen, Kinder und Männer, die Nein sagten zum Zwang, ihre Haare kurz zu schneiden, sie zu glätten, Perücken aufzusetzen, und die sich stattdessen entschieden, sie als Locks, Afros, Cornrows, Braids etc. zu tragen. Ich denke an Dashikis, Kangas, Kente, Tücher. An was ich nicht denke, ist Waschmittel.
Die zuständigen Werbefachfrauen und -männer sind vermutlich so auf diesen Slogan gekommen: A sagt zu B: „Also mit Schwarz kommen wir hier nicht weiter, ist auch alles negativ besetzt. Wir brauchen was Frisches, Poppiges.“ Darauf B: „Lass uns mal auf Englisch probieren. Black. Das klingt gleich viel besser. Ha, wieso hab ich denn nicht gleich daran gedacht: Black is beautiful. Statt ‚is‘ nehmen wir ‚bleibt‘. Das isses.“
Ich stelle mir dieselbe Anzeige in den USA vor. Die Kampagne wäre dort nicht unbeantwortet geblieben. Black is beautiful und Waschmittelwerbung? Ein No-Go. Aber hier, inmitten dieser weißen Normalität, funktioniert der Spruch so gut, dass mir doch unlängst glatt jemand erklärt hat, wie ich die Werbung zu verstehen habe. „Verstehst du nicht, es geht um dunkle Wäsche. Hahaha.“
Ich kann nicht lachen über die Entkontextualisierung eines Slogans, dessen Wirkung weit über die US-amerikanischen Grenzen hinweg empowernd war, ist und bleibt. Black is beautiful. Und meine schwarze Wäsche wasche ich garantiert mit einem anderen Waschmittel, egal ob sie dann schneller grau wird oder nicht.
Belinda Kazeem ist freie Autorin und lebt in Wien.