Von Lea Susemichel & Brigitte Theißl
Ein Schritt nach vorne – und zwei zurück. Alle Feministinnen kennen das lähmende Gefühl von Vergeblichkeit und die Angst, dass mühsam erkämpfte Errungenschaften vom nächsten Backlash wieder zunichtegemacht werden. Seit die an.schläge vor vierzig Jahren gegründet wurden, gab es jede Menge solcher Rückschläge. Doch die Bilanz, die wir angesichts unseres Jubiläums in diesem Heft ziehen, zeigt unterm Strich eindeutig: Es geht voran!
Und ohne falsche Bescheidenheit lässt sich sagen: All diese feministischen Fortschritte wären ohne feministische Medien wie an.schläge nicht möglich gewesen. Ob es die Flugschriften der Ersten Frauenbewegung oder die Twitter-Nachrichten bei #MeToo waren: Frauen haben zu allen Zeiten Medien genutzt, um ihrer Wut über die Verhältnisse Ausdruck zu verleihen, um Forderungen zu stellen und den politischen Status quo anzugreifen.
Schon im Namen der an.schläge steckt dieser Brückenschlag. Als die Gründerinnen Anfang 1983 wortwörtlich „das Heft in die Hand nehmen“ wollten, spielten sie mit dem Namen auf Schreibmaschinenanschläge ebenso wie auf die ersten Medien überhaupt an: auf Anschläge als öffentliche Aushänge. Schreibmaschine und Papier wurden so zu Waffen für (gewaltfreie) Anschläge aufs Patriarchat – die dritte Assoziation des Namens.
Vierzig Jahre später ist das Patriarchat merkbar geschwächt, aber leider längst nicht besiegt, feministische Medien braucht es also weiterhin unbedingt. Denn auch wenn im Laufe der vergangenen Jahrzehnte feministische Themen in anderen Medien Eingang gefunden haben, gibt es weiterhin viele Leerstellen und Luft nach oben. Unser Journalismus behandelt Feminismus als Querschnittsthema und macht deutlich, dass jedes Thema auch ein feministisches Thema ist. Feministischer Journalismus kritisiert den patriarchalen Normalzustand und zeigt Alternativen auf: Gegenentwürfe einer gerechten Gesellschaft sind es schließlich, die Aktivistinnen immer schon als Antriebsmotor dienten. Medien wie an.schläge wirken zudem nicht nur nach außen, sondern dienen auch feministischen Bewegungen als wichtiger Ort der Ausverhandlung. Unser Feminismus ist ganz klar ein intersektionaler, der auch Diskriminierungsformen wie Rassismus, Klassismus, Homofeindlichkeit und Ableismus mit in den Blick nimmt und sich gegen jede rechte Vereinnahmung frauenpolitischer Ideen stellt.
Die große medienpolitische Bedeutung von emanzipatorischem, engagiertem Journalismus kann angesichts der ständigen Angriffe durch neoliberale, rechtsreaktionäre Politik und die Herausforderungen durch die (Print-)Medienkrise nicht genug betont werden. Eine klare Haltung mit journalistischer Seriosität zu verbinden – davon können sich auch andere Redaktionen etwas abschauen.
Die Dominanz der globalen Tech-Riesen wie Google und Facebook und der Einbruch des Anzeigenmarkts untergraben traditionelle Geschäftsmodelle von Medien, ausgedünnte Redaktionen und eine schrumpfende publizistische Vielfalt hinterlassen eine gefährliche Leerstelle. Wir plädieren deshalb dringend für eine Medienpolitik, die ihre demokratiepolitische Verantwortung wahrnimmt, statt sich bloß zurückzulehnen und den fehlenden Innovationsgeist der Medienhäuser zu beklagen.
Der zusätzliche Druck durch gestiegene Energie- und Druckkosten trifft aktuell linke Non-Profit-Projekte ganz besonders: Auch unsere Kolleginnen von „Missy Magazine“, „Analyse & Kritik“ und „Tagebuch“ werben um Soli-Abos. Ebenso engagierte (Online-)Medien wie „Andererseits“, „Dossier“ und „Tag Eins“. Die Inflation und Teuerungskrise macht unseren Leserinnen zu schaffen. Umso stärker appellieren wir an alle, die es sich leisten können, feministische, kritische Medien zu unterstützen. Save the world with feminism!