Von Brigitte Theißl & Lea Susemichel
Der Mann, der seine Freude über die Machtergreifung mit einem von Herzen kommenden Hitlergruß zum Ausdruck gebracht hat, bringt auch ähnlich prägnant auf den Punkt, was als neue medienpolitische Parole rechtsextremer und neofaschistischer Regierungen weltweit gelten kann. „Ihr seid jetzt die Medien“, schärft Elon Musk den User:innen auf X immer wieder ein. Oder er teilt ein Bild mit der Message: „I am the media now“, dahinter geht das Gebäude der „New York Times“ in Flammen auf.
Der Bedeutungsverlust traditioneller Medien gegenüber Social Media ist tatsächlich gewaltig. Auch Google führt aktuell in neun EU-Ländern einen Test durch, bei dem die Suchergebnisse keine journalistischen Inhalte mehr enthalten sollen. Dabei soll erhoben werden, wie sich das auf die „Attraktivität“ der Google-Marke auswirkt. Reporter ohne Grenzen verurteilen das Vorgehen scharf.
Insbesondere Menschen der Generationen Z und Alpha beziehen ohnehin schon einen Großteil ihrer Informationen nicht mehr aus klassischen, sondern aus Sozialen Medien. Allerdings werden diese bekanntlich zunehmend zu Propagandamaschinen für rechtspopulistische Politik. Durch das Einstellen von Faktenchecks, wie es nun auch bei Meta beschlossen wurde, wird die Verbreitung von Hass und Desinformation explodieren.
Zumindest auf EU-Ebene soll der Digital Services Act mit klaren Richtlinien gegen Hassbotschaften und manipulative Algorithmen dagegenhalten, wir werden sehen, wie ernst das genommen wird. Das reicht aber nicht. Es braucht unbedingt auch eine Medienpolitik, die sich der demokratiepolitischen Bedeutung einer unabhängigen und pluralistischen Medienlandschaft bewusst ist und diese mit allen Mitteln verteidigt, unbedingt auch mit finanziellen Mitteln! Nicht zuletzt für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, den die FPÖ lange schon ins Visier genommen hat und als Kanzlerpartei nun zu einem „Grundfunk“ zusammenkürzen, faktisch also zerstören möchte. In einer „Sie gegen uns“-Logik ist es den Rechten gelungen, den ORF als parteiischen „Staatsfunk“ zu brandmarken, den die Allgemeinheit nicht länger finanzieren soll. Ausgewogener Qualitätsjournalismus ist nicht im Sinne einer Partei, deren Wiener Spitzenkandidat Dominik Nepp den „Standard“ öffentlich als „Scheißblatt“ bezeichnet hat und dem er mit dem Entzug der Presseförderung droht. Aber auch eine weitere wichtige Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist rechten Playern in Österreich wie in Deutschland ein Dorn im Auge: Integrativ auf die Gesellschaft in all ihrer Vielfalt zu wirken, ein Gegenmodell zu den Spartenkanälen zu sein, in denen Menschen nur in ihrer Meinung bestärkt und nie herausgefordert werden, und wo sie sich immer öfter radikalisieren.
Längst haben sich Rechte ihre eigenen Kanäle aufgebaut, künftig will die FPÖ auch parteinahe rechtsextreme Medien staatlich fördern, schon als Innenminister schaltete Herbert Kickl dort fleißig Inserate. Als Blaupause dient Ungarn, wo Viktor Orban den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aushöhlte und ganz auf Staatslinie brachte. „Der Schaden durch eine Zerstörung wäre nicht wiedergutzumachen“, so formuliert es der ORF-Redaktionsrat in einer Aussendung.
Nichts braucht die heimische und gesamteuropäische Medienpolitik aktuell dringender als konkrete Strategien, wie unabhängiger Qualitätsjournalismus abgesichert werden kann, der endlich als gemeinnütziges und demokratiepolitisch unverabschiedbares Gut anerkannt werden muss.
Nichts hassen die neuen Faschisten so sehr wie Feminismus, nichts bekämpfen sie leidenschaftlicher als kritische Medien. „Zu sagen, was ist“ (Rosa Luxemburg) und unbeirrt dagegenzuhalten, bleibt deshalb die wichtigste Aufgabe eines feministischen Magazins wie an.schläge. Wir dürfen uns auf keinen Fall daran gewöhnen, dass nun jeden Tag auch ein neuer antifeministischer Dammbruch passieren wird. Wir haben schon in der Vergangenheit Angriffe durch ÖVP und FPÖ erlebt, so versuchte ÖVP-Obmann Khol 1996 die Publizistikförderung für die an.schläge zu verhindern, 2001 legte die ÖVP eine Liste an Vereinen vor, die sich einem parlamentarischen Ausschuss zur Verwendung von Fördergeldern stellen sollte, doch die schwarz-blaue Regierung zerbrach. Auf erneute Angriffe sind wir vorbereitet, langfristig standhalten können wir – wie auch alle anderen unabhängigen Medien – aber nur mit eurer Unterstützung.