leben mit kindern
Wir hätten den Anti-Normalisierungs-Block auf der diesjährigen Regenbogenparade nicht verlassen dürfen. Meine Freundin und ich setzten unsere beiden Kinder kurzzeitig am Wagen des Vereins „FAmOs“ ab, was per se noch nicht falsch wäre. Doch bereits nach wenigen Minuten stellte sich eine lesbische Mutter zu uns und unseren Kindern und stellte fest: „Die sind bei euch in Pflege, oder? Schwestern, richtig? Die Jüngere ist noch ganz frisch bei euch?“ Ich hatte keine gute Antwort parat.
Ja, rechtlich gesehen sind wir die Pflegeeltern. Die jüngere ist dreieinhalb und lebt seit ihrem zweiten Lebenstag bei uns. Aber selbst wenn sie erst seit kurzem Teil unserer Familie wäre, würde ich ihr andere, respektvollere Worte wünschen. Und nein: Die Kinder sind nicht eben mal bei uns „in Pflege“.
Selbstverständlich wissen unsere beiden Töchter über ihre Biografie sehr gut Bescheid und erzählen ihren Kindergartenfreund_innen manchmal, wie das mit ihrer leiblichen Mutter und ihren beiden jetzigen Müttern ist. Ich hatte naiver Weise angenommen, dass es zumindest im queeren Familienzusammenhang den Konsens gibt, dass Familie dort ist, wo Eltern mit Kindern leben und natürlich überall da, wo sich Menschen als solche empfinden – mit und ohne Kinder. Ich frage ja auch keine Hetero- oder queere Mutter: „Ist das der In-dich-Inseminierte?“ oder „Wie viel hat das Sperma gekostet?“ Noch dazu vor dem Kind. Viele sogenannte Co-Eltern haben die gleiche nicht-biologische Situation wie Adoptions- und Pflegefamilien und bekommen endlich entsprechende Rechtssicherheit. Umso schöner wäre es, wenigstens in der Community nicht wieder biologistische Hierarchien (a. Insemination, b. Adoption, c. Pflegefamilie) zu wiederholen, wie wir sie aus Hetero-Kontexten leider allzu gut kennen.
Ein Kind ist nun mal ein Kind, jedes ein besonderes, das sicher nicht von außen gelabelt werden möchte. Und auch ein „Bio-Kind” will wahrscheinlich nicht als solches vorgestellt werden.
Elsa Hohlwein lebt in Graz und unterstützt den Verein „FAmOs“ voll und ganz. Sie verspricht ihren Kindern nächstes Mal mehr Schlagfertigkeit anstatt schlechter Laune.