leben mit kindern
Die etwa Zweijährige schnappt sich im Vorbeigehen das Fahrrad meiner Tochter und rast damit schnurstracks in die nächste Pfütze. „Ich steh auf diesen spontanen Kommunismus am Spielplatz“, seufzt eine Bekannte versonnen, deren Sohnes Sandkübel soeben ungefragt auf Leihe in die Hände meiner Tochter gewandert ist. „Alle nehmen sich einfach was sie wollen, und niemand fragt nach der Eigentümerschaft.“ Welch verlockende Interpretation!
Doch auf dem Spielplatz ist es halt auch nicht anders als im übrigen Leben: Nicht alle Eltern sehen das so, und es ist v.a. bei spontanen Parkbekanntschaften schwer festzustellen, wer wie drauf ist. Und wenn es sich schließlich herausstellt, ist es meist schon zu spät – zumindest zu spät, um den tadelnden Blick zu vermeiden, der sich in der Regel beim Aufeinanderprallen besitzbürgerlicher und gemeinschaftsgüterlicher Vorstellungen einstellt. Es ist der Blick, der dein Kind zum übergriffigen Rowdy und dich zum verantwortungslosen Sonntagsvater stempelt, wenn du deinem in Fremdbesitz marodierenden Kind nicht Einhalt gebietest. Und auch die Kinder sind keineswegs durchwegs begeistert von diesen Verhältnissen, wie permanent ausbrechende Schlammschlachten um Objekte und ihre Benützung bezeugen.
Manche Eltern lösen das durch Sektierertum: Nur noch auf Spielplätze und an Orte gehen, wo ein bestimmtes pädagogisches Konzept verbindendes Element ist – etwa die Welt der alternativpädagogischen Kindergärten. Wer nicht in diese gated communities abtauchen möchte, steht vor einem Koordinationsproblem: Soll ich bei jeder sich anbahnenden Auseinandersetzung in der Sandkiste den betroffenen Eltern eröffnen, dass ich auf Basis höchst selektiver Erziehungsratgeberlektüre gemäß dem Ratschlag zu handeln versuche, Kinder sollen ihre Konflikte möglichst untereinander ausmachen und Eigentum solle nicht überbewertet werden – und somit alle fünf Minuten eine Grundsatzdiskussion anzetteln? Oder entdeckt jemand endlich die Markt- bzw. Parklücke und verteilt am Eingang T-Shirts oder Armbinden, die die Angehörigen pädagogischer Fraktionen füreinander gut sichtbar kennzeichnen und so uns allen viel Stress ersparen?
Beat Weber ist eine Autoren-Leihgabe der Zeitung MALMOE.