Beate Hausbichler
Ende Oktober häuften sich auf der Karriereplattform LinkedIn plötzlich Bilder lohnarbeitender Frauen mit Kind. Stillende bei Videocalls, Babys im Tragetuch bei Sitzungen. So auch jene Managerin, die diese Bilderflut unter dem Motto #MomToo ausgelöst hat. Sie hat bei einem Vortrag im Oktober darüber gesprochen, dass Mütter im Job benachteiligt werden – eben wegen ihrer Mutterschaft. Viele würden über ihr Mutterdasein nicht reden, aus Angst, im Job benachteiligt zu werden. Eh ein wichtiges Thema, eh ein wichtiges Anliegen. Trotzdem stellt sich Unbehagen angesichts dieser Bilder von Frauen ein, die die (Nicht-)Vereinbarkeit von Job und Elternschaft so darstellen. In einer Hand das Smartphone, in der anderen das Baby, vor sich den Laptop.
Ist das die Vision? Mit Baby auf der Vortragsbühne? Stillend bei der Besprechung? Was für ein Stresslevel setzt das voraus? Wenn jemand die Nerven für derlei Performances hat – dann gratuliere. Aber normalisieren sollten wir die gleichzeitige Aufmerksamkeit für Job und ein kleines Kind doch bitte nicht.
Denn viele Bilder unter #MomToo produzieren Bilder von Frauen als High-Performerinnen – die offenbar keinen Partner oder keine Partnerin, keine Kinderbetreuungseinrichtungen brauchen, um arbeiten zu gehen. Unter #MomToo wird gefordert, dass sie ihre Mutterschaft im Job nicht verstecken müssen. Doch Flexibilität heißt oft nichts anderes als lohnarbeiten, wenn das Kind schläft. Die Grenzen zwischen privat und Beruf würden nun mal mehr und mehr verschwimmen, heißt es. Doch ist das so großartig, ständig im Einsatz zu sein? Ist es nicht angenehm, im Job nicht Mama zu sein? Ehrlich: Für mich – und ich vermute mal für ein paar andere auch – ist es knackiger, von der Mutterschaft während des Jobs verlässlich freigespielt zu sein. Und es nicht parallel hinbekommen zu müssen, eine Pause im Redefluss des Megamansplainer-Kollegen zu erwischen, während frau gleichzeitig versucht, beim Nachwuchs die Nippel einzufädeln. Da klingt doch ein durchschlagskräftiger Betriebsrat inklusive strengem Diskriminierungsschutz besser als Hackeln mit Baby im Arm.
Beate Hausbichler ist Redakteurin bei „dieStandard“ und hatte, als sie stillte, nicht den Laserpointer, sondern die Fernbedienung für die Glotze in der Hand.