Während manche von uns vielleicht mit einer Portion Hoffnung ins Jahr 2021 gestartet sind, bleibt die Situation für Tausende Geflüchtete im griechischen Flüchtlingslager Kara Tepe katastrophal. Wird sich das dieses Jahr endlich ändern?
Keine weiteren Morias – das hat die EU-Kommission nach dem verheerenden Brand im September 2020 versprochen. Und dann kam mit Kara Tepe ein weiteres völlig inadäquates Lager. Kinder, die vergewaltigt und von Ratten gebissen werden und nicht mehr leben wollen. Tausende Menschen in löchrigen Zelten. Kälte und Nässe. Jeden Tag die geballte Hoffnungslosigkeit. Hygienische Mindeststandards, die in anderen Teilen der Welt eingehalten werden, gibt es im – mit EU-Geldern finanzierten – Lager nicht. Ärzte ohne Grenzen und andere NGOs schlagen im Wochenrhythmus Alarm. Wir kennen die Missstände aus vielen aufrüttelnden Medienberichten. Auch den Regierungen in Europa und der EU-Kommission sind sie seit Jahren bekannt.
Dass sich bisher nichts geändert hat, ist der bröckelnden Solidarität und dem politischen Klima in der EU geschuldet. Die Rechtspopulistinnen geben in der Asyl- und Migrationsfrage den Ton an; die Verantwortung, Menschenrechte an den Außengrenzen zu wahren, gilt für sie nicht mehr. Staaten, die Geflüchtete aufnehmen wollen, sind in der Unterzahl. Der neue Migrationspakt, der den gordischen Knoten zwischen den EU-Ländern zerschlagen sollte, setzt vor allem auf Abschreckung und Abschottung. Die Verhandlungen werden sich wieder über Jahre ziehen. Viele engagierte Politikerinnen, die jahrelang in Verhandlungen stehen, verzweifeln am bürokratischen Stillstand, der Menschenleben kostet.
In der Asyl- und Migrationsfrage bleibt die EU auch 2021 tief gespalten. Dennoch ist da ein Funken Hoffnung: Der Druck seitens der immer lauter werdenden Zivilgesellschaft, von Expertinnen und progressiven Politikerinnen, die Lager zu evakuieren und die Menschen endlich rauszuholen, wird und darf nicht nachlassen. Das ist keine „moralisch bequeme Haltung“, wie geätzt wurde, sondern ein Grundprinzip europäischer Verantwortung.
Katharina Steinwendtner ist Pressesprecherin der SPÖ-Abgeordneten im Europaparlament und Co-Organisatorin von Period.