Katy Wiese
Der Krieg in der Ukraine hat nur verdeutlicht, wie abhängig Europa von russischen fossilen Energieimporten ist. Deshalb stellte die Europäische Kommission im Mai „REPower EU“ vor: ein Bündel an Gesetzesvorschlägen, die die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas bis 2027 mithilfe des Ausbaus erneuerbarer Energien, Energieeinsparungen und Diversifizierung von Energiequellen beenden soll. Kritik kam auch aus klimapolitischer Sicht, da versäumt wird, den Ausbau schmutziger, fossiler Energien und Infrastrukturen zu stoppen. Worüber aber wieder einmal nicht gesprochen wird: die Verbindung von Geschlechtergerechtigkeit und Energiepolitik.
Energiepolitik ist nicht geschlechtsneutral. Nehmen wir als Beispiel die vorgesehenen Energieeinsparungen durch Gebäudesanierungen. Studien zeigen, dass Frauen häufiger in schlechten Wohnverhältnissen leben und auch öfter von Energiearmut betroffen sind. Dies wird durch andere soziale Dimensionen intersektional verstärkt. So sind z. B. ältere Frauen und Frauen mit Migrationsgeschichte besonders betroffen. Einerseits wird argumentiert, dass eine Sanierung Energiearmut senkt, andererseits kann eine Sanierung zu höheren Mieten führen. Für Frauen in prekären Lebenslagen besteht das Risiko, ihre Wohnungen zu verlieren, weil sie nicht mehr in der Lage sind, diese zu bezahlen. Relevant sind auch die geschlechtsspezifischen Unterschiede in Sachen Eigentum: Die wenigen frauenspezifischen Studien merken an, dass „Frauen im Allgemeinen eher vom Wohnbesitz ausgeschlossen sind als Männer“.
Trotz allem existieren keine Maßnahmen in der EU, die diese Verbindung von Gender und Energie- und Wohnungsarmut direkt adressieren. Die Umsetzung der Energiewende durch die Mitgliedstaaten wird zeigen, ob die Maßnahmen sozial abgefedert werden oder die Vermieter*innen die Kosten direkt an Mieter*innen weitergeben. Europas Energiewende kann aber nur gelingen, wenn an den Ursachen der Ungerechtigkeiten angesetzt und die herrschenden Unterdrückungssysteme durchbrochen werden.
Katy Wiese ist Referentin für Wirtschaftstransformation und Geschlechtergerechtigkeit für das Europäische Umweltbüro.