Ein Kommentar von FIONA SARA SCHMIDT
Eine alte feministische Erkenntnis variierte Michelle Obama kürzlich in ihrer vielgelobten Rede, in der sie um die Wiederwahl ihres Mannes warb: „Für Barack sind diese Probleme nicht nur politische, sondern auch persönliche.“ FLOTUS (First Lady of the United States) erläuterte, wie sehr ihr aus ärmlichen Verhältnissen aufgestiegener Ehemann als Person selbst den amerikanischen Traum verkörpere. Auch andere Frauen stärken Barack den Rücken: In der Kampagne „Women for Obama“ bekennt sich neben Stars aus der Unterhaltungsbranche auch die Feministin Gloria Steinem zu ihm.
Bis Ende September hat Obamas Partei einen Spendenrekord von bislang 181 Millionen Dollar eingefahren – das ist vor allem der wohl besten PR-Arbeit der Welt zu verdanken, mit perfekten Fotos auf Facebook und grotesk persönlich anmutenden E-Mails. „Michelle“ schreibt darin z.B., wie sie „Barack“ wegen seiner ergrauten Haare aufzieht – obwohl er sich jedes einzelne hart verdient hätte. Sie sei immer wieder erstaunt, wie er seine Pflichten als Präsident, Ehemann und Vater unter einen Hut bekäme. Manchmal bräuchte allerdings selbst einer wie er Hilfe – und zwar finanzielle. „Friend …“, beginnen diese E-Mails, und sie enden mit der Bitte um „drei Dollar oder was immer du geben kannst“, unterzeichnet von „Michelle“.
Im Wahlkampf 2008 musste die zukünftige FLOTUS noch um Vertrauen werben, die Juristin galt als zynisch und verkopft. Inzwischen darf sie selbstbewusster auftreten und bekennt im Wahlkampf offen, dass die sexuelle Orientierung im Militär keine Rolle mehr spielen dürfe. Ihr Mann stehe außerdem dafür ein, dass Frauen selbst über ihren Körper entscheiden dürfen.
Doch inhaltlich eine eigene Position zu vertreten oder gar in bestimmten Fragen auf kritische Distanz zum Programm ihres Mannes zu gehen, ist natürlich weiterhin nicht drin, solange die Wahlkampfmaschine läuft. Diese verlangt Boulevard und Kitsch: Michelle steht um halb fünf morgens auf, kümmert sich um den präsidialen Gemüsegarten und dicke Kinder, hält ihre trainierten Oberarme und den Demokraten-blauen Nagellack in die Kamera, feiert den Geburtstag ihres Hundes Bo und holt mit Barack das romantische Abendessen zum zwanzigsten Hochzeitstag nach, das wegen des TV-Duells ausfallen musste.
Die 48-Jährige wirkt mit zwei Töchtern im Teenageralter und Designerkleidern eine ganze Generation jünger als die 63-jährige Hausfrau und Mutter Ann Romney. Das republikanische Gegenstück zu Michelles „Women for Obama“ sind Anns „Moms for Mitt“. Ann hat einen Abschluss in Französisch, auf eine eigene berufliche Karriere verzichtete sie aber bewusst und sogar gegen den Widerstand von Eltern und FreundInnen. Die Mutter von fünf Söhnen hat zwei schwere Krankheiten überwunden, heute ist sie fulltime als „Mitt-Stabilizer“ und karitativ tätig. In ihrer Rede lobte sie vor allem den seit über vierzig Jahren treu sorgenden Familienmenschen Romney. Beim Wettbacken konnte Ann Michelle allerdings trotz ihrer Erfahrung im Haushalt nicht schlagen: Obamas schwarz-weiße Schoko-Cookies gewannen gegen Romneys M&M-Kreation.
Seit Hillary Clinton (die gegen Barbara Bush einst das Wettbacken eröffnete) Karriere gemacht hat und Michelle Obama zu Everybody’s Darling wurde, steigen die Erwartungen an die First Ladies. Heute sind sie längst mehr als lächelnde Beisteherinnen, aber eben doch auf ihre Rolle als Ehefrau festgelegt. Die Frage ist nun, ob die erste Dame im Staat – nach einiger Zeit immer beliebter als der Präsident – auch als Politikerin, Richterin oder in anderen öffentlichen Ämtern so angesehen bleiben kann. Als Alternative (allerdings in den USA kaum vorstellbar) bliebe sonst nur das Modell Joachim Sauer. Der deutsche Kanzlerinnengatte nimmt nur manchmal am Damenprogramm teil, das nur für ihn in Partnerprogramm umbenannt wurde. Ansonsten äußert sich der renommierte Chemieprofessor und „prima Kerl“ (Merkel) in Interviews nur zu wissenschaftlichen Themen.