Rap ist eine Stimme, ein Zeichen, um aufzustehen, eine Einladung zum Mitmachen. Rap ist eine lebendige Bibliothek, eine Zeitung, und er ist mächtig. Dennoch wird er oft mit sexistischen und rassistischen Elementen verbunden und verliert seinen emanzipatorischen Ursprung – man denke nur an HC Straches Song zur letzten Wiener Landtagswahl. Um gegen etwas aufstehen zu können, muss man sich der Unterdrückung bewusst sein, eine Stimme finden, die gehört wird, und die eigenen Rechte einfordern.
Rap verschafft Gehör, doch wie viele haben keine Stimme? Im österreichischen „Tschuschen“- oder „Kanaken“-Rap werden uns eher subjektive Situationen geschildert, doch eigentlich geht es um gesellschaftliche Fragen: Was ist Integration? Wem gehört die Stadt?
Womit identifiziere ich mich? Wer bestimmt über mich?
Du wirst in ein System geboren, das es schon gibt und in dem alles schon für dich vorgeplant ist. Ein vorgeschriebener Lebenslauf, den du nur nachleben musst. Du musst dir ein Gewand namens Integration anziehen, doch dafür bist du nie ausreichend gut angezogen oder gut genug ausgerüstet. Ein Schulsystem, das dich zu dem macht, was deine Vorfahren schon waren: Arbeiterklasse bleibt Arbeiterklasse. Denn dieses System hat dich schon von vorneherein kategorisiert. Aber es ist so schlau und subtil konstruiert und funktioniert in sich so stimmig, dass immer du selbst schuld an allem bist. Deine Entscheidung, dein Kampf, deine Defizite, du allein trägst die Verantwortung!
Wie das „Migrantenkind“, das nach der Volksschule in die Hauptschule geht, da „es leider“ Sprachdefizite hat. Nach der Hauptschule gibt dir das Schulsystem ja noch die Chance aufzusteigen, aber dass das tatsächlich passiert, ist ähnlich selten wie ein Sechser im Lotto. Doch das ist dein Problem, denn die Chance wurde dir ja gegeben. Das alles greift dein Selbstbewusstsein an. „Die Stadt gibt sich Mühe, doch es existieren keine Begehren von Migranten“, heißt es immer wieder vonseiten der Politiker*innen.
Rap ist frech, er ist mal der Mittelfinger oder die Faust ans Maul, aber sicher kein Lächeln zur Unterdrückung.
Esra Özmen ist Rapperin aus Wien, gemeinsam mit ihrem Bruder tritt sie als EsRap auf.
1 Kommentar zu „bonustrack: Mehr als Musik“
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