Tocotronic haben es auf ihrem letzten Album „Schall und Wahn“ schon formuliert, und ich kann nur kopfnickend mitträllern: Selbermachen ist nicht per se die bessere Idee! So sehr ich auch die D.I.Y.-Bewegung der 1990er begrüßt habe mit all ihren damals gültigen politischen Implikationen und (Selbst-)Ermächtigungen. Mittlerweile ist aber auch D.I.Y. – wie das bei allen oppositionellen Strömungen eben so ist – von einer Gegenbewegung zu einer Stütze des neoliberalen Systems geworden. „Do It Yourself“ und Selbstausbeutung gehen Hand in Hand, die Abgrenzung zwischen öffentlich und privat ist dahin (wobei natürlich auch diese Begriffe an sich zu diskutieren wären, aber dafür ist diese Kolumne zu kurz), was bedeutet, das Individuum steht nun 24/7 im Dienste der Leistungserbringung. Und wenn dabei finanziell für die Produzierenden nichts übrig bleibt, dann ist das auch völlig in Ordnung so, denn dafür sind sie ja reich an Selbsterfahrung, können sich permanent selbst verwirklichen, und ihre Arbeit macht Spaß – ist ergo kein Job, dessen Unannehmlichkeiten mit Geld kompensiert werden müsste. Insofern schulden die Produzierenden ihren AuftraggeberInnen Dank und nicht die AuftraggeberInnen den Produzierenden Geld. So zumindest wird gerne argumentiert. Ein zweiter Aspekt, der mich beim Selbermachen wenig beglückt, ist die Idee der Allmächtigkeit: Nicht nur unter MusikerInnen sehr beliebt ist der Glaube, man brauche keine Hilfe von außen, es ginge schon alles in Eigenregie – vom Aufnehmen zu Hause am Laptop über das Mixen und Mastern, zum Artwork und der Promo: Alles selbst zusammengeschustert. So klingt es dann nur leider meistens auch, und das Auge leidet mit. Narzisstische Allmächtigkeitsfantasien stehen hier oft an sich guten Projekten im Weg. Dabei ist es ein Talent für sich, die richtigen Leute für die richtigen Arbeiten zu finden, und zu erkennen, was man selbst gut beherrscht und was man lieber abgibt. Das soll nicht heißen, ich hätte die Weisheit mit Löffeln gefressen und wüsste, wo es lang geht. Der Punkt ist: Ich glaube, es ist die größere Kunst zu erkennen, was man nicht kann, als zu behaupten, man könne alles. •
Clara Humpel betreibt seit 2006 ihr Plattenlabel Asinella Records (Marilies Jagsch, Luise Pop, Bettina Koester, Clara Luzia, Mika Vember) und macht selbst unter ihren Vornamen Clara Luzia Musik. Illustration: Lina Walde, http://evaundeva.blogspot.com