Ein Kommentar von GABI HORAK-BÖCK
Österreich hat eine Frauenministerin. Nein, eine Bildungs(frauen)ministerin. Oder eine Bildungsministerin, die auch für Frauen zuständig ist. Irgendwie. In den vergangenen Wochen hatten wir eindeutig eine Bildungsministerin, die in ihrem Ressort vorgegebene Einsparungen unterbringen muss. Die Entscheidung fiel auf den Ausbau der ganztägigen Schulformen, dort sollen fünfzig Millionen Euro eingespart werden. Ministerin Heinisch-Hosek erklärt, dass es hier um Geld gehe, das in den vergangenen Jahren „nicht abgeholt“ wurde. Es werde „kein einziger Platz eingespart“. Tatsache ist jedoch: Das Geld war für den Ausbau der Ganztagsschulen vorgesehen und zwar aus gutem Grund. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein großes Problem – für Frauen. Sie stecken in Teilzeitjobs fest, verdienen jetzt ein Drittel weniger und haben später wesentlich weniger Pension. Fehlende Angebote an ganztägigen Kinderbetreuungseinrichtungen bzw. Schulen schaffen Realitäten, die unsere Gesellschaft nachhaltig prägen. Und Frauen sind und bleiben bei diesem Modell die Verliererinnen. Eine Frauenministerin weiß das. Hätten wir eine unabhängige Frauenministerin, die ressortübergreifend agieren und reagieren könnte, hätte sie bei diesen Sparplänen laut geschrien.
Nach Schwarz-Blau war das Frauenressort ab 2007 mit Doris Bures wieder im Bundeskanzleramt (BKA) angesiedelt. Das war nicht ideal, Frauenaktivistinnen und Gleichstellungsexpertinnen hatten sich immer ein eigenständiges Frauenministerium mit eigenem Budget gewünscht. Aber immerhin war im Bundeskanzleramt ressortübergreifendes Agieren möglich. Gabriele Heinisch-Hosek, 2008-2013 Frauenministerin im BKA, hatte auch den öffentlichen Dienst in ihrem Zuständigkeitsbereich. Auch kein dankbarer Job, aber wir erlebten sie trotzdem als starke Frauenministerin, die den Kontakt zu NGOs und feministischen Expertinnen pflegte. Sie setzte einige gute Initiativen, fiel eher positiv auf als negativ.
Nach der letzten Nationalratswahl 2013 übernahm sie das Bildungsministerium, in das auch die Frauenagenden eingegliedert wurden. Grundsätzlich ist Heinisch-Hosek nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre eine gute Wahl als Frauenministerin. Doch das Frauenressort aus dem Bundeskanzleramt zu nehmen und wieder einem riesigen Ressort quasi unterzuordnen – das konnte nicht gut gehen. Ich unterstelle Gabriele Heinisch-Hosek, dass sie sich ehrlich bemüht, weiterhin für Frauen da zu sein. Drastische Sparmaßnahmen ausgerechnet im Zukunftsressort Bildung durchzuziehen, fordert sie aber voll und ganz. Diesen Eindruck haben auch Aktivistinnen aus NGOs wie der Plattform 20.000 Frauen. Die Frauenministerin hatte sich bisher stets sehr engagiert gezeigt, „sie war von Anfang an bereit, Kontakt zu Frauenorganisationen zu pflegen“, sagt Petra Unger. Derzeit hätte sie als Bildungsministerin einen schweren Stand, auch in der eigenen Partei. Da bleibe eben kaum Zeit für Frauenpolitik. Immerhin konnte die Höhe des Frauenbudgets gehalten werden und die vierte Frauenenquete im Herbst werde wieder mit der Frauenministerin stattfinden: Bildung wird das Thema sein.
Die aktuelle Situation zeigt vor allem eines ganz deutlich: Ein eigenes Frauenressort, mit eigenem Budget, das frei von anderen Zwängen arbeiten kann, ist dringend nötig. Denn wie wichtig ressortübergreifendes Arbeiten gerade auch gleichstellungspolitisch ist, hat zuletzt auch der parlamentarische Budgetdienst (bestehend aus unabhängigen FinanzexpertInnen) bei der Untersuchung des Budgets 2014/15 bezüglich Genderbudgeting festgestellt: „Ressortübergrei- fende Darstellungen oder weitergehende Überlegungen (…) sind nicht enthalten.“ Und: „Die Gleichstellungsvorhaben sind zwischen den Ressorts weiterhin noch wenig abgestimmt.“ Doch viele Ziele seien eben nicht durch Einzel- maßnahmen zu erreichen.
Es braucht also eine unabhängige Frauenministerin. Denn Geschlechtergerechtigkeit gibt es nur als Gesamtpaket.