Ein Kommentar von LEONIE KAPFER
Seit 2012 übernimmt die Medienanalytikerin Maria Pernegger eine ebenso wichtige wie wohl auch frustrierende Aufgabe: Sie untersucht die österreichische Medienlandschaft hinsichtlich ihrer Frauenbilder und frauenpolitischer Themen. Zur Studie herangezogen wurden „Standard“, „Presse“, „Kurier“, „Kronen Zeitung“ sowie „Heute“ und „Österreich“. Im Zeitraum von 2012 bis 2015 konnte Pernegger in diesen Medien einen Rückgang frauenpolitischer Themen feststellen. Auffällig ist dabei, dass dieser Rückgang auch mit einer antifeministischen Vereinnahmung dieser Themen einhergeht. Vor allem die Kommentare der ewiggestrigen Obermachos Marcus Franz und HC Strache zu Frauenpolitik erhielten große Resonanz in den Zeitungen – sie belegen Platz drei und vier im Ranking der Personen, die sich im letzten Jahr am häufigsten zu frauenpolitischen Themen äußerten. Natürlich waren hierfür vor allem die Boulevardmedien ausschlaggebend, die in der Studie aufgrund ihrer enormen Verbreitung auch stärker gewichtet werden. Auf Platz eins landete immerhin die ehemalige Frauenministerin Heinisch-Hosek, gefolgt von Familienministerin Sophie Karmasin.
Doch wie ist es möglich, dass so wichtige Themen wie sexuelle Belästigung, Gehaltsschere oder Quotenregelungen vor allem von den verbalen Querschlägen offenkundig antifeministischer Männer dominiert werden? Wie kann es sein, dass die große Zahl feministischer Politiker_innen und Aktivist_innen in der Medienlandschaft keinen Platz findet? Österreichs feministische Landschaft hat so viele kompetente Köpfe, die mediale Vertretung verdient hätten! Besonders brisant ist das Ergebnis, dass frauenpolitische Themen in den wichtigsten Nachrichtensendungen des ORF – ZIB 1 und ZIB 2 – kaum vorkommen. Das zeugt nicht nur von Ignoranz den Gebührenzahler_innen gegenüber, hier wird schlicht der öffentliche Auftrag nicht erfüllt. Damit sind wir gleich beim nächsten großen Thema der Studie, den medialen Frauenbildern. Pernegger kommt dabei zu dem Schluss, dass Frauen in Politik, Wirtschaft, Sport sowie als Expert_innen unterrepräsentiert sind. Hier zeigt sich, dass Frauen auch im 21. Jahrhundert die Sichtbarkeit in der öffentlichen Sphäre verwehrt bleibt. Sie werden im Boulevard (Qualitätsmedien wie der „Standard“ schneiden deutlich besser ab) vor allem dann gezeigt, wenn Erotik vermittelt oder Dinge präsentiert werden sollen. Eine Frau bietet sich demnach bestens an, um eine „Bohrmaschine oder einen Weihnachtsstriezel“ an den Mann zu bringen.
Erfreulich ist einzig die Tatsache, dass es nun eine Studie gibt, die unsere schlimmsten Befürchtungen mit Fakten belegt: Wir leben im Patriarchat! Teil dieser gesellschaftlichen Ordnung ist die permanente Unsichtbarmachung von Frauen und frauenpolitischer Themen. Die mediale Verweigerung, Frauen Repräsentanz in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft et cetera zuzugestehen, wirkt dabei wie eines der letzten Bollwerke des Patriarchats. Und Repräsentation, in Form von Sichtbarkeit, hängt immer mit Macht zusammen. Nur wer sichtbar ist, kann Macht im Sinne von gesellschaftlicher Einflussnahme gewinnen. Der kompetenzlose sexy Frauenkörper stellt dabei keine Bedrohung der dominanten Ordnung dar, sondern reproduziert sie. Eine echte Unterwanderung des etablierten Herrschaftssystems würde auch eine radikale Neuordnung der visuellen Ebene bedeuten. Angesichts Perneggers Studie ist es nicht verwunderlich, dass auch der tatsächliche Anteil von Frauen, die politische Ämter innehaben, abnimmt. Medien könnten hier mit ihren Bildpolitiken entgegensteuern und für eine gerechtere Gesellschaftsordnung eintreten. Warum sie es nicht tun, bleibt das große Fragezeichen.