Weltweit gehen Menschen auf die Straße, um sich mit Schwarzen Menschen in den USA gegen Police Brutality zu solidarisieren. Doch Polizeigewalt ist nicht der einzige Grund für die Proteste, die alleine in Österreich bisher rund 100.000 Menschen mobilisiert haben. #BlackLivesMatter zeigt eine Realität auf, mit der Schwarze Menschen seit Jahrhunderten leben müssen – eine weiße Weltordnung, systemischer und institutioneller Rassismus und (Polizei-)Gewalt. Obwohl Schwarze Menschen auch in Österreich und Deutschland bereits auf eine Geschichte des Widerstandes zurückblicken, scheinen die aktuellen Proteste Themen mit einer Dringlichkeit auf den Tisch zu bringen, die davor nicht möglich war.
Und weil ich sonst gerne über das Schwarzsein spreche, spreche ich jetzt auch einmal über das Weißsein. Die aktuelle #BlackLivesMatter-Bewegung zeigt auf, dass es nicht reicht, wenn Schwarze Menschen für ihre eigenen Rechte aufstehen. Um eine Veränderung zu bewirken, müssen auch weiße Menschen aktiv werden. Und hier stehen wir vor einem Problem, denn viele weiße Menschen wollen sich nicht als weiß sehen. Während es als „normal“ erscheint, dass marginalisierte Gruppen als Gruppe zusammengefasst werden, sehen sich weiße Menschen meist nicht als Gemeinschaft, sondern als Individuum. Weiße Menschen gelten als Norm und sehen es daher nicht als Notwendigkeit an, sich zu hinterfragen. Momentan scheint allerdings das Unmögliche langsam möglich zu werden, nämlich auch weiße Menschen mit ihrem eigenen Weißsein zu konfrontieren. Die Schlagworte stehen auf zahlreichen Schildern bei #BLM-Demos, White Supremacy ist eines davon. Diese „weiße Vorherrschaft“ benennt das System, das sich global ausgebreitet hat und die Machtposition, die weiße Menschen innehaben. Weiße Menschen, auch antirassistische weiße Menschen, leben in diesem System und profitieren davon. Die Welt ist auf weiße Menschen ausgelegt, hievt sie in Machtpositionen, sieht sie als Norm und geht in jeder Form und bei jeder Frage von ihnen aus. Weiße Menschen haben White Privilege – ein weiteres wichtiges Stichwort. In der derzeitigen Weltordnung haben weiße Menschen Privilegien, ob sie es wollen oder nicht. Um Gleichheit und gleiche Rechte zu erlangen, wird es langfristig notwendig sein, über Verzicht zu sprechen. So schwer das für einige auch sein mag.
Es gibt viele Formen der Diskriminierung und Normierung. So schwierig Konzepte wie Patriachat und Misogynie oft für Männer zu verstehen sind, weil sie sich ihrer Privilegien nicht bewusst sind oder werden wollen, so schwierig ist es oft für weiße Menschen sich White Supremacy, weiße Privilegien oder Rassismus einzugestehen. Die Rede von „Farbenblindheit“, „ich sehe keine Unterschiede“ oder „für mich sind alle Menschen gleich“macht es weißen Menschen leicht, sich aus der Verantwortung zu nehmen, ihre eigenen Privilegien nicht zu reflektieren und nicht zu adressieren, wie unterschiedlich die Gesellschaft mit Menschen umgeht.
Besonders wenn es von Feministinnen kommt ist es tragisch, wenn den Dialogen rund um Rassismus eine „Das war aber schon immer so“-Haltung entgegengebracht wird, denn gilt das nicht auch für andere Systeme, die der Feminismus stürzen will. Intersektionale Kämpfe sind enorm wichtig. Das lernen wir auch dieser Tage. Und Schwarze Frauen werden gerne vergessen – auch im Queer-Feminismus. Denn Schwarze Frauen kämpfen nicht nur um Gleichberechtigung gegenüber Männern als, sie kämpfen auch darum, weißen Frauen gleichgestellt zu werden. Aus Platzgründen muss ich davon absehen, aus Sojourner Truths „Ain’t I a Women“ zu zitieren. Jedoch bringt es die Dinge perfekt auf den Punkt, die ich hier gerne noch anmerken würde.
Sollte sich nach einigen Zeilen der Verteidigungsmechanismus eingeschaltet haben, empfehle ich Robin DiAngelos Buch „White Fragility“, um diesen zu reflektieren. Er ist zwar normal, man kann ihn aber überwinden.