Ein Kommentar von LEA SUSEMICHEL
Feminismus wurde 2017, in dem Jahr, das mit den Women’s Marches begann und mit #MeToo endete, in den USA zum Wort des Jahres gekürt. Zeit wird’s! Oder besser: Time’s up, wie die neue Hollywood-Kampagne gegen Sexismus und sexuelle Gewalt am Arbeitsplatz heißt.
2018 feiern wir, das feministische Magazin an.schläge, unser 35-jähriges Bestehen. Zugleich kämpfen wir darum, dass es nicht unser letztes Jahr sein wird. Unter der schwarz-blauen Regierung wollen wir unabhängig von Bundesförderungen sein – das kann überlebenswichtig sein. Feminismus war selbstverständlich in jedem einzelnen dieser vergangenen 35 Jahre das zentrale Wort für uns. Der Begriff hat über diesen Zeitraum einige Konjunkturen erlebt, hat sich vom Achselhaar-Latzhosen-Ekelwort zu einem Statement gemausert, das sich mittlerweile sogar auf H&M-Shirts verkaufen lässt. Zur selbstbewussten und selbstverständlichen Selbstbezeichnung ist „feministisch“ aber leider bis heute nicht geworden.
Ich bin nun bald 15 Jahre an.schläge-Redakteurin und habe als Reaktion auf meinen Job schon so viel Übles erlebt, dass ich mich an schlechten Tagen dabei ertappe, auf die Frage nach meinem Beruf irgendwas von „journalistischem Bereich“ zu nuscheln und schnell das Thema zu wechseln. Denn in der Kindergarten-Garderobe oder beim Nachbarschaftsplausch im Stiegenhaus wirkt die wahrheitsgemäße Antwort „Ich bin Redakteurin beim feministischen Magazin an.schläge“ (wie oft ich in solchen Situationen den militanten Namen verflucht habe!), als hätte ich gesagt: „Ich arbeite im Pornobusiness.“ Betretenes Schweigen zählt zu den angenehmeren Reaktionen.
Symbolisches Kapital lässt sich mit diesem Job also ebenso wenig scheffeln wie ökonomisches – und trotzdem liebe ich ihn leidenschaftlich. „Wozu das alles eigentlich?“, frage ich mich freilich dennoch dann und wann, in Phasen chronischer Überarbeitung etwa oder auch während ermüdender innerfeministischer Querelen. Ist feministischer Journalismus nicht sowieso nur ein preaching to the converted? Haben wir denn mit unserem Magazin auch nur einen einzigen Antifeministen für Geschlechtergerechtigkeit gewinnen können?
Bislang hat sich diese Sinnfrage für mich zum Glück immer noch befriedigend beantworten lassen. Denn dass feministische Medien nicht nur selbstreferenzielle Special-interest-Spielwiesen sind, sondern gesellschaftspolitisch wirksam, ist nicht nur meine felsenfeste persönliche Überzeugung. Die besondere Relevanz feministischer Medien ist auch medienwissenschaftlich plausibel. „Feministische Medien öffnen Türen im engen Meinungskorridor des publizistischen Male- und Mainstreams“, attestierte etwa die Medienwissenschaftlerin Elisabeth Klaus in einem an.schläge-Kommentar. Sie „sind eine Mobilisierungsressource nach innen wie nach außen“.
„Nach außen“ bedeutet, dass es die originäre Aufgabe feministischer Medien ist, die sexistische Normalität zu skandalisieren. Dies immer und ausnahmslos zu tun, und eben nicht nur während kurzlebiger Medienhypes. Gemeinsam mit allen linken Medien liegt es zudem in ihrer journalistischen Verantwortung, gegen die Normalisierung rechter Regierungen weltweit anzuschreiben, hierzulande entschlossen nun auch gegen Kurz, Strache und Kickl. Innerhalb der linken Medienlandschaft kommt uns dabei noch zusätzlich die zentrale Rolle des feministischen Gewissens zu, damit sexistische, aber auch rassistische und andere Diskriminierungsformen beim linken Kampf für eine bessere Welt nicht wieder zum „Nebenwiderspruch“ werden. Denn trotz (oder vielmehr wegen?) seiner jüngsten Popularität ist der Feminismus gegenwärtig von zwei Seiten unter Beschuss – von rechts und von links. Viele Linke wollen sich angesichts der globalen Misere nämlich wieder auf die Kernforderung nach sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit besinnen, statt sich durch vermeintliche „Partikularinteressen“ wie Feminismus oder Black Liberation spalten zu lassen.
Doch neben dieser Funktion nach außen ist jene „nach innen“ mindestens ebenso wichtig. Feministische Medien haben auch die ehrenvolle Aufgabe, der Selbstvergewisserung, der weltweit mächtigsten sozialen Bewegung zu dienen. Einer Bewegung, die letztes Jahr eindrucksvoll bewiesen hat, dass mit ihr zu rechnen ist.
Anlässlich einer großen an.schläge-LeserInnenbefragung zu unserem 30-jährigen Bestehen war deshalb die wohl schönste Rückmeldung, die wir bekamen (und es gab viele zu Tränen rührende Antworten): „Ihr macht mich glücklich!“
Lasst uns also bitte die ganze Welt glücklich machen. Und besser machen. Bestellt euch ein Abo.
www.anschlaege.eu