Ein Kommentar von GABI HORAK-BÖCK
Frauenpolitik kommt in Medien kaum vor. Dieser Befund ist nicht neu, eine aktuelle Studie belegt es nun für 2014. Die Agentur Media Affairs untersuchte die Berichterstattung über frauenpolitische Inhalte in den österreichischen Tageszeitungen „Der Standard“, „Die Presse“, „Kurier“ und „Kronen Zeitung“. Die umfangreichste Berichterstattung gab es zu Frauenquoten. An zweiter Stelle stand die geschlechtsneutrale Sprache (wir erinnern uns …). Die Studie untersuchte die Zahl der Wörter, die zu den einzelnen Themen veröffentlicht wurden. Eine Analyse der Qualität der Berichte – nach welchen Qualitätskriterien auch immer – müssten andere leisten.
Aber welche Schlüsse können wir nun daraus ziehen? Kommt Frauenpolitik wenig vor, weil es kaum frauenpolitische Aktionen, Maßnahmen und Statements gibt? Oder berichten Medien selten über frauenpolitische Aktivitäten, weil sie keinen hohen Nachrichtenwert haben? Tatsache ist: Es gibt wenige Frauenpolitikerinnen in den Parlamenten, die sich hörbar und regelmäßig zu Wort melden. Unsere Frauenministerin ist auch und in erster Linie für Bildung zuständig. Immerhin ist sie trotzdem – laut Studie – aber noch jene Politikerin, die Frauenpolitik am stärksten in den Medien transportiert hat. Gefolgt übrigens überraschenderweise von ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin. Auf der anderen Seite gibt es einiges an frauenpolitischem Engagement, das es kaum oder gar nicht in die Medien schafft. Denn Frauensprecherinnen und Expertinnen, Arbeitskreise und Projektgruppen haben keinen Promi-Faktor.
Doch Frauenpolitik muss auch über Massenmedien verhandelt und vermittelt werden, um einen öffentlichen Diskurs überhaupt zu ermöglichen. Müssen Medien also ihre Auswahlkriterien ändern? Oder müssen Frauenpolitikerinnen sich mehr um Medienkompatibilität bemühen bzw. prominente Frauen und Politikerinnen ihre Verantwortung stärker wahrnehmen? Beides.
Frauenpolitik ist eine Querschnittsmaterie, sie ist kompliziert und unbequem. Frauenpolitik ist … ja, was eigentlich? Der Duden kennt zwei Bedeutungen: „… von Frauen bestimmte Politik“ und „… auf die Wahrung der Interessen von Frauen gerichtete Politik“. Für den Österreichischen Frauenring muss Frauenpolitik den „Abbau noch bestehender kriminierungen und die Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern“ behandeln. Die österreichische Verfassung bleibt da vergleichsweise vorsichtig: „… Maßnahmen zur faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern … sind zulässig.“ (Artikel 7, Absatz 2) Na immerhin sind sie nicht verboten.
Einiges an frauenpolitischem Engagement hat sich heutzutage ins Social Web verlagert. Der jährliche Grüne Frauenbericht, in Zeitungen kaum erwähnt, fand dort Verbreitung. Frauenministerin Heinisch-Hosek stellt dieses Jahr in ihrer Aktion #365Frauen jeden Tag auf Facebook eine andere Frau vor, die uns als Vorbild dienen kann. Ein Ersatz für die massenmediale Verbreitung frauenpolitischer Forderungen ist das freilich nicht.
Abgesehen von den wenig schlagzeilentauglichen Befunden hat Frauenpolitik eigentlich eine enorm hohe Relevanz – auch im Sinne des Nachrichtenwerts. Es gibt kaum einen Bereich in Gesellschaft und Recht, der keine frauenpolitische Dimension hat. So stark wie die Ungleichheit der Geschlechter uns alle beeinflusst und schwächt, und so kritisch, wie die Auswirkungen auf die Ökonomien, die Volkswirtschaft, die Familien sind, müsste Frauenpolitik mindestens jeden zweiten Tag auf den Titelseiten zu finden sein. Alleine in den vergangenen Wochen hätte es einige aktuelle Themen gegeben, die ohne feministische Perspektive eigentlich gar nicht gedacht werden können: Pränataldiagnostik, Asylpolitik, Bildungsreform, Pensionszahlen, Arbeitslosenzahlen. Stattdessen wird über geschlechtsneutrale Mathematikaufgaben polemisiert, im besten Falle. Und solange Frauenpolitikerinnen mit feministischem Kampfgeist nicht oft und laut genug schreien, wird sich daran kaum etwas ändern.