Ein Kommentar von JULIA MARTIN
An den Erfolg des Women‘s March, der im Januar mit weltweit ca. 3 Millionen Teilnehmer_innen stattfand, möchten die Veranstalter_innen anknüpfen und riefen am 8. März, dem Internationalen Frauen* Kampftag, zu einem generellen Streik auf, der die Demonstrationen begleiten sollte. Das Konzept des „A Day Without Women“ lehnt sich an die historischen Arbeiterinnenstreiks an, die es nur selten in die androzentrische Geschichtsschreibung geschafft haben. So haben sich Frauen* seit jeher an Protesten für bessere Arbeitsbedingungen und für Gleichstellung beteiligt, wie 1844 im Schlesischen Streik der Weber_innen, beim Women‘s Strike for Equality 1970 in New York oder beim Streik in Island im Jahr 1975, bei dem 90 Prozent aller Frauen* beteiligt waren.
Auch dieses Jahr legten Frauen* ihre Arbeit nieder, darunter Frauen* in Haus-, Pflege- und Sexarbeit, um auf benachteiligende prekäre Arbeitsbedingungen hinzuweisen. Damit soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass Frauen* für die gleiche Arbeit noch immer weniger verdienen als ihre männlichen* Kolleg_innen, aber auch, dass sich die Arbeits- und Lebensbedingungen vieler Frauen*, besonders von Women of Color und migrantischen Frauen*, verschlechtert haben.
US-amerikanische Feminist_innen, unter anderen Angela Davis und Nancy Fraser, rufen daher zu einem Feminismus auf, der sich neben reproduktiven Themen auch antirassistischen Forderungen verschreibt. Die neue Mobilisierung solle ein „Feminismus der 99 Prozent“ werden, breiter gefächert sein und sich besonders antirassistischen, antiimperialistischen, antiheterosexistischen, anti-neoliberalen und arbeitsrechtlichen Forderungen widmen.
Das Bedürfnis nach einem radikaleren Feminismus knüpft an eine Kritik an, die bereits im Vorfeld des Women‘s March laut wurde. Dieser hat nämlich lange den Fokus auf einen weißen Feminismus sowie auf essentialistische Merkmale gelegt.
Auch in Deutschland und Österreich fanden in diesem Jahr wieder Demonstrationen und andere Veranstaltungen rund um den Frauen*Kampftag statt. Eine Diskussion, die eigentlich längst überwunden sein sollte, war dabei das Thema der Trans*offenheit, das immer wieder zu Grabenkämpfen innerhalb der verschiedenen feministischen Szenen führt.
Eine Zersplitterung verschiedener feministischer Strömungen und ein „Kampf der Generationen“, wie er in Deutschland gerade zwischen der EMMA und den sogenannten Netzfeminist_innen diskutiert wird, zeigen, wie unterschiedlich feministische Standpunkte leider sein können. Doch Feminismus muss notwendigerweise immer antirassistisch und anti-eurozentrisch sein, ebenso wie er trans*offen sein muss, sonst würde er die eigentliche Vision des Feminismus, nämlich die Gleichheit und Gleichberechtigung von Frauen*, verraten.
Die Tatsache, dass feministische Bewegungen wieder mehr „Mainstream“ werden, sollten wir als Chance dazu nutzen, uns zu verbünden, einander zu erklären und anzunähern. Gleichzeitig ist es eine Chance, eine breite Masse an Frauen* zu mobilisieren und auch Menschen zu gewinnen, die sich jetzt erst politisieren. Inklusion kann jetzt Praxis werden.
Der frische Wind, der aus den USA zu uns herüberweht, zeigt, wie gut intersektionale Bündnisse funktionieren können – aber auch, woran noch gearbeitet werden muss. Nehmen wir uns ein Beispiel daran. Der diesjährige 8. März hat gezeigt, dass wir trotz der Zersplitterungen vielerorts gemeinsam ein Zeichen setzen können: Für Solidarität unter Frauen*! Für Selbstbestimmung und Gleichheit! Für die finanzielle, strukturelle, physische und psychische Sicherheit von Frauen*! Und besonders: Für einen intersektionalen Feminismus!