Ein Kommentar von SILKE PIXNER
Wer trägt was, warum, wie viel hat es gekostet, und das Wichtigste: Macht es dick? Damit lässt sich die Berichterstattung um die weiblichen Nominierten und Oscar-Gewinnerinnen noch immer über weite Strecken zusammenfassen. Kommentare über das Gala-Outfit lassen jede schauspielerische Leistung in den Hintergrund treten. Doch Hollywoods vermeintliche Modepüppchen scheinen genug zu haben, es regt sich Widerstand. Und zwar nicht nur gegen sexistische Ressentiments, sondern vor allem auch gegen die strukturelle Benachteiligung von Frauen in Hollywood. So sorgte etwa Cate Blanchett mit ihrer diesjährigen Oscar-Rede doppelt für Aufsehen. Nicht nur, dass sie die Auszeichnung als beste Hauptdarstellerin nicht mit der üblichen „Ich-danke-allen-ohne-euch-hätte-ich-das-nie-geschafft-schluchz-heul“-Rede entgegennahm, sondern freudig und selbstbewusst den Preis für ihre außerordentliche Leistung abholte, nein: Sie wagte es sogar, feministische Kritik zu üben! Vor einem Millionenpublikum prangerte sie die paternalistische Sichtweise der Filmindustrie auf Frauen an: „Ich danke allen, die nicht so dumm sind, an der Idee festzuhalten, dass weibliche Filme mit Frauen im Fokus Nischen-Phänomene sind. Sie sind es nicht, das Publikum will sie sehen. Und es lässt sich tatsächlich Geld damit verdienen.“
Ja, mit Filmen, die sich um weibliche Hauptfiguren drehen, kann tatsächlich Geld gemacht werden. Viel Geld. Und was Blanchett sagt, gilt überdies für alle Kulturbereiche: Theater, bildende Kunst, Fernsehen und Literatur. Es wäre an der Zeit, diesen Markt und seine Zielgruppe ernst zu nehmen und nicht in eine belächelte Nische zu verbannen. Blanchett hat mit ihrer Kritik offenbar einen Nerv getroffen. Ihre 23-jährige Schauspielkollegin Jennifer Lawrence kommentierte ihre Rede mit den Worten „Great speech“ und zeigt damit, dass vor allem auch junge Frauen endgültig genug davon haben, hauptsächlich für hübsche Nebenrollen gebucht zu werden. Aber nicht nur die Rollenauswahl, auch der Vergleich der Gehaltszettel dürfte für Unmut sorgen, wenngleich sich der Paygap freilich in luxuriösen Dimensionen abspielt: 2013 verdiente der bestbezahlte Schauspieler Robert Downey Jr. geschätzte 75 Millionen Dollar, mehr als zweimal so viel wie sein weiblicher Gegenpart, Angelina Jolie, die 33 Millionen Jahressalär einstreifen konnte. Da gibt es freilich auch keinen Grund zur Klage, nichtsdestotrotz ist es bezeichnend, dass gerade in einer Branche, in der Geld offenbar kaum eine Rolle spielt, man es sich offenbar nicht leisten will, Frauen und Männer gleich zu bezahlen.Doch nicht nur im sonnigen L.A. gärt es wegen der Ungleichbehandlung von Frauen in der Filmbranche. „Wir sind stinksauer“, brachte es die Goldener-Bär-Gewinnerin Jasmila Žbanic auf den Punkt. Ihr Ärger richtet sich auf den immer noch skandalös geringen Anteil von Frauen in Schlüsselpositionen bei Filmproduktionen, ein Missstand, der im Rahmen der diesjährigen Berlinale diskutiert wurde. Der aktuelle „The Celluloid Ceiling“-Report der amerikanischen Filmwissenschaftlerin Martha Lauzen etwa zeigt, dass die Anzahl der für Hollywood-Produktionen hinter der Kamera engagierten Frauen seit den 1990er-Jahren stagniert. Nur sechs Prozent der 250 kommerziell erfolgreichsten US-Filme des Jahres 2013 wurden von Regisseurinnen realisiert. Alleine im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang um drei Prozent. Neben einer Reihe von gesetzlichen Maßnahmen zur Frauenförderung, wie sie etwa 2007 in Spanien und Schweden eingeführt wurden, Gender-Quotierung von Fördersummen oder Sensibilitäts-Trainings zu kultureller Diversität, gibt es auch eine sehr angenehme Möglichkeit zur Frauenförderung, die wir alle ganz einfach umsetzen können: Auch mal außerhalb von Frauenfilmfestivals ins Kino gehen, um Filme mit Frauen vor und hinter der Kamera anzuschauen, und sich dabei das Popcorn schmecken lassen. Damit die Gala-Robe garantiert nicht passt!