Ein Kommentar von GABI HORAK
Das sind ja mal gute Nachrichten. Wir dürfen länger arbeiten und mehr Pensionszeiten sammeln, bekommen dann auch die Alterspension, die uns rechnerisch zusteht, und das Beste: Alle werden gleich behandelt! Ende der Märchenstunde, hier kommen die Fakten.
In Österreich haben wir ein neues Pensionssystem, erklären sie uns. Das „Pensionskonto“ ist nicht nur ein online jederzeit einsehbares Konto und total transparent, sondern auch eine neue Berechnungsmethode. So neu ist diese aber nicht. Das Allgemeine Pensionsgesetz (APG) wurde von der schwarz-blauen Regierung beschlossen und ist seit 1. Jänner 2005 in Kraft. Damals haben viele aufgeschrien: Unfair! Allen voran die in Opposition befindliche SPÖ. Als diese dann wieder in der Regierung war, wurde aber auch nichts Wesentliches an den neuen Regelungen geändert.
Wir werden nun alle gleich behandelt, erklären sie uns. Viele Expertinnen sehen das anders. „Frauen sind extrem benachteiligt“, sagt Ingrid Mairhuber, österreichische Vertreterin in der „High Level Group of Experts on Gender, Social Inclusion and Employment“ der Europäischen Kommission. Die Pensionsjahre werden nun anders berechnet als bisher. Zuletzt wurden – in komplizierten Berechnungsmodellen – grundsätzlich die letzten 25 Jahre Erwerbseinkommen zur Ermittlung der Pensionshöhe durchgerechnet. Ab Jänner 2014 wird es nur mehr eine Berechnungsmethode geben: Die gesamten Erwerbsjahre werden durchgerechnet, und als Pension gibt es achtzig Prozent des sogenannten Lebensdurchschnittseinkommens. Es braucht keine ausgeklügelten Gender-Mainstreaming-Werkzeuge, um zu erkennen: Frauen mit Berufsunterbrechungen und Teilzeit-Jahren steigen hier nicht gut aus! Das Institut für Höhere Studien (IHS) hat für die ORF-Sendung „Eco“ berechnet: Eine 1987 geborene Frau mit Studienabschluss, zwei Kindern, zehn Jahren Teilzeitarbeit und rund 3.000 Euro brutto Vollzeit-Gehalt hätte nach alter Berechnung 2.400 Euro Pension bekommen. Nach neuer Berechnung sind es keine 2.000 Euro.
Wir werden das Frauenpensionsalter erst dann wieder jenem der Männer angleichen, wenn Frauen auch im Arbeitsleben gleichgestellt sind, erklärten sie uns. Damals, 1993, als unter Frauenministerin Johanna Dohnal das frühere Pensionsantrittsalter für Frauen eingeführt wurde. Na dann heißt es ab sofort: Zurück an den Start. Denn von Gleichberechtigung kann heute längst noch keine Rede sein, weder im Erwerbsleben im engeren Sinn (Gender Pay Gap, gläserne Decke, Vereinbarkeit etc.) noch im Arbeitsleben im weiteren Sinn (Frauen leisten den Löwinnen-Anteil der unbezahlten Familien- und Versorgungsarbeit).
Wir folgen mit dem Pensionskonto den Vorgaben der EU, wonach es bei einem neuen Pensionsrecht keine Differenzierungen zwischen Mann und Frau mehr geben darf, erklären sie uns heute. Da stellt frau sich die Frage: Aber was hindert euch daran, geschlechtsspezifisch unterschiedliche und geradezu erzwungene Berufsunterbrechungen bzw. Teilzeitarbeit angemessen anzurechnen? Die auf vier Jahre erhöhte Anrechnung der Kindererziehungszeiten ist positiv hervorzuheben. Grundsätzlich. Denn natürlich ersetzen knapp über tausend Euro meist kein durchschnittliches Einkommen. Was Frauen beim Pensionskonto besonders hart treffen wird, sind Leistungen wie Familien- und Pflegearbeit. Hier hätten sich doch wohl Möglichkeiten finden können, die dafür notwendige Arbeitszeit-Reduzierung entsprechend anzurechnen. Das „leistungsorientierte“ Pensionssystem hat aber – abgesehen von ein bisschen Anrechnung für Kindererziehung – nur die männliche Erwerbslaufbahn im Blick. Das gilt auch für die Erwerbsarbeit an sich. „Diese Leistungsorientierung geht davon aus, dass Einkommen leistungsgerecht ist“, kritisiert Ingrid Mairhuber. Wir wissen es besser: Frauen haben tendenziell die schlechter bezahlten Jobs mit den niedrigeren Aufstiegschancen etc.
Fakt ist: Das Regelpensionsalter für Männer und Frauen beträgt künftig 65 Jahre. Es gibt einen Korridor von 62–68 Jahren, also die Möglichkeit – gegen Abschläge bzw. einen Bonus von 4,2 Prozent pro Jahr – auch früher bzw. später die Pension anzutreten. Ein Entgegenkommen ist das nur für Männer, denn für Frauen sind auch 62 Jahre eine reale Erhöhung des derzeit gültigen Pensionsantrittsalters von sechzig Jahren. Gleich, gleicher, angeschissen.
2 Kommentare zu „an.sage: Alle gleich! Frauen zuerst!“
Die PolitikerInnen sind die gewählten Volksvertreter,
daher müssen sie ein gerechtes System im Sinne des Volks machen.
Wir müssen die Politiker beharrlich dazu auffordern.
Dennoch möchte ich folgende Tatsache auch mal anmerken:
Im Moment sind viel mehr Männer arbeitslos:
https://www.statistik.at/web_de/dynamic/presse/070319
Durch diese Arbeitslosigleit fehlen ihnen ebenfalls Anrechnungszeiten!
Wir haben zum ersten Mal in der 2. Republik über 400.000 Arbeitslose.
Durch diese vielen Arbeitslosen geht dir die Kaufkraft so in den Keller,
dass sich das wieder negativ auf die Wirtschaft auswirkt.
Wenn die €-Krise so weiter geht, dann werden nicht nur.die Pensionen zum Problem!
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