alltägliche grenzerfahrungen
„Aber du bist doch weiß.“ Diesen Satz höre ich ständig. Insbesondere dann, wenn ich mich über Weiße aufrege. „Auf jeden Fall siehst du weiß aus!“
Die ersten Male musste ich lange überlegen, bis ich eine verständliche Antwort formulieren konnte. Meine Haut ist hell, das stimmt. Trotzdem bin ich vom Weißsein weit entfernt. Meine Eltern kommen aus dem Iran, das ist spätestens an meinem Namen erkennbar. Manchmal werde ich auch auf meine „iranische Nase“ angesprochen, mein dickes Haar wird häufig exotisiert.
Auf der Straße muss ich dennoch keine Angst davor haben, mit rassistischen Bemerkungen angemacht zu werden. Rein auf mein Äußeres reduziert bin ich in manchen Situationen white-passing, ich gehe als Weiße durch. Das ist ein Privileg. Privilegien sucht eins sich nicht aus, sie werden von den Unterdrückenden zugesprochen. Manchmal wird eins auf ihrer Seite dazugezählt, ein anderes Mal nicht. Situationsbedingt kann ich von meinem Aussehen profitieren. Aber was bedeutet es denn, weiß auszusehen?
Ein Typ meinte auf einer Party mal zu mir, dass ich gar nicht so iranisch wirke. „Du bist voll hip.“ Er sagte es mit so einer Selbstverständlichkeit, als seien nur Weiße in der Lage, „hip“ auszusehen. Als sei es ausgeschlossen, dass eine Person sowohl Person of Color als auch „hip“ ist. Besonders dann, wenn die Person helle Haut hat.
Jedoch ist Weißsein nicht nur an ein Aussehen gekoppelt, sondern an eine Reihe von Privilegien. Privilegien, die ich zum Beispiel in schriftlichen Angelegenheiten nicht genieße. In Bildungseinrichtungen, bei Bewerbungen oder Wohnungsanfragen wird mir mein Nicht-Weißsein ständig signalisiert. Ob ich denn problemlos Deutsch verstehe, fragten sie mich auf dem Gymnasium.
Meine helle Haut schützt mich vielleicht gegen gewisse Arten von Rassismus, aber nicht gegen alle. Sie schützt mich nicht vor Orientalismus oder Islamophobie.
Hengameh Yaghoobifarah (22) ist Studentin, freie Autorin und Bloggerin auf teariffic.de. Später will sie Cat-Lady werden, auch von Perserkatzen.