leben mit kindern
Ich habe alles vorbereitet: Internetsuchmaschine eingeschaltet, Brockhaus griffbereit, Telefonjoker aktiviert. Dennoch schwitze ich auf meinem Stammplatz, den mir die zum Schlafen gebettete Spielleiterin aus dem Kinderzimmer allabendlich zuweist. Gleich beginnt die Show zur Primetime und ich sitze auf dem heißen Stuhl bzw. Sofa im Wohnzimmer. Die Gutenachtgeschichte ist fertiggelesen, das Licht ausgeschaltet. Jetzt ist payback time für die väterlichen Ermahnungen, Belehrungen und Besserwisserei, die ich im Lauf des Tages abgesondert habe. Bist du wirklich so allwissend, wie du meinst, Daddy? Und dann geht’s los: „Papaaa: Wie wird man eigentlich tot?“, „Wie ist der erste Mensch gekommen?“, „Können Drachen Steine zerquetschen?“, „Warum durfte man Kindern früher Ohrenwatschen geben?“, „Warum wird man Königin, wenn man heiratet?“, „Kann ein Luft-Bussi durch eine Tür durchfliegen?“, „Warum fallen die Menschen, die an der Erdkugel unten sind, nicht runter?“, „Wie wird ein Foto gemacht?“ etc. Die väterliche Autoritätsperformance wird jetzt auf ihre Grundfesten abgeklopft.
Für diese Prüfung gibt es zwei mögliche Lösungswege: Der Millionenshow-Weg, den mein ehrgeiziger Wissensstreber-Ichanteil intuitiv beschreitet, um mit aller Kraft die richtige Antwort auf jede Frage zu finden, scheitert zwangsläufig. Mann verliert irgendwann die Nerven, und schlittert auf den abschüssigen Pfad des Konflikts („Ich weiß es nicht!!! Schlaf jetzt endlich!!!“). Der zweite Weg erfordert die – für alle bis auf mich banale – Einsicht, dass bei dieser Fragestunde, wie bei Gesprächen grundsätzlich, die Informationsbeschaffung nicht unbedingt im Vordergrund steht. Auch ein „weiß ich nicht“ ist also zulässig, und ein beruhigendes Brummen als Antwort hilft beim Einschlafen oft mehr als eine genervte Sezierung des Inhalts. Meine Strategie, um mich von Rückfällen auf den ersten Weg abzuhalten: sich das Glück bewusst zu machen, mit der eigenen Tochter statt mit Armin Assinger zu plaudern.
Beat Weber ist eine Autorenleihgabe der Zeitschrift „ MALMOE“.