Die Debatte um den Osten liegt voll im Trend. So auch das Buch „Diesseits der Mauer. Eine neue Geschichte der DDR 1949-90“ von Katja Hoyer, die in England lebt. Sie ist Jahrgang 1985 und Kind eines NVA-Offiziers, der wohl zwei (!) Tage im Knast saß. Katja Hoyer will uns die DDR neu erklären. Leider bedeuten solche Neuerzählungen meist eine Beschönigung der Verhältnisse in der DDR, auch Hoyer muss sich Kritik an der Auswahl der Zeitzeug*innen und den Leerstellen im Buch gefallen lassen sowie den Fehlern, die ihr Historiker*innen nachgewiesen haben. Dank Marketings ist das Buch trotzdem ein Bestseller. Man sollte sich lieber den neuen Film „Schleimkeim – Otze und die DDR von unten“ ansehen, dort ist zu erfahren, wie die Staatsmacht zum Beispiel mit dem Punkmusiker Dieter „Otze“ Ehrlich umging. Wer erfahren will, wie die Punks mittels Musik dem Staat trotzten, greift am besten zum Buch „Tanz den Kommunismus“.
In der Linken habe ich einiges zu dem Thema erlebt. Eine Frau, die die DDR nur als kleines Kind erlebt hat und dazu auch noch im Ostberliner Nikolaiviertel – dem DDR-Vorzeigeviertel – aufgewachsen ist, sagte mir einmal: „Was hast du gegen die DDR? Mir hat sie nicht geschadet.“ In einer Kulturkneipe wurde uns ein Dokumentarfilm gezeigt, in dem die privilegierten DEFA-Filmleute genüsslich das Scheitern von proletarischen Übersiedler*innen im Westen vorführen, diese finden keine Wohnung und keine Arbeit. Man stelle sich solch eine Lächerlichmachung bei Migrant*innen vor? Einmal war ich während einer Feier empört, als wieder alle DDR-Übersiedler*innen als „Konsumidioten“ bezeichnet wurden. Sein Leben lang innerhalb einer Mauer verbringen zu müssen, wird hingegen normalisiert. Der Höhepunkt aber war, als ich im Zug einem Westlinken meine lange, komplizierte Geschichte mit Ausreiseantrag und Übersiedlung erzählte. Im Westen studierte ich dann zwar, war aber zunächst mit Kind in der Wohnungslosigkeit gelandet. Nachdem er sich alles angehört hatte, reagierte er eiskalt: Wir DDR-Übersiedler*innen seien doch privilegiert gewesen, hätten die deutsche Staatsbürgerschaft und Sozialleistungen bekommen. Warum übernehmen Linke die Sichtweise der DDR-Privilegierten und nicht die der Unterdrückten?
Anne Seeck hat 27 Jahre die DDR erlebt und wird von Linken des Öfteren als Antikommunistin gebrandmarkt.